Opposition kritisiert Ermittlungsmethode
Die Berliner Polizei nutzt bei Ermittlungen von Straftaten immer häufiger das Mittel der „stillen SMS“. Mehr als 250.000 Mal seien diese SMS 2013 verschickt worden, um Straftäter ausfindig zu machen, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) am Montag im Innenausschuss. 2012 waren noch rund 146.000 stille SMS versendet worden.
Die Kurzmitteilungen enthalten keinen Text und werden auf dem angefunkten Handy nicht angezeigt – jedoch kann durch die Übermittlungsdaten unbemerkt vom Empfänger dessen Standort bestimmt werden. So können auch Bewegungsprofile erstellt werden. Die Überwachungsmaßnahme muss richterlich genehmigt werden.
Wiederholt hatte die Opposition im Abgeordnetenhaus, vor allem die Piratenfraktion, in den vergangenen Monaten die Anwendungspraxis der stillen SMS in Berlin kritisiert. Abgesehen von der bloßen Anzahl der versandten SMS gebe es keinerlei statistisches Material über diese Ermittlungsmethode, sagte Christopher Lauer (Piraten). So sei unklar, auf wie viele Beschuldigte und wie viele verfolgte Straftaten die Zahl der SMS sich verteile, bei welchen Straftaten die Methode angewendet werde und wie oft sie überhaupt erfolgreich sei.
„Das ist Sicherheitsesoterik“
„Der Senat kann nicht erklären, was konkret der Nutzen der stillen SMS ist“, sagte Lauer und nannte das Instrument darum „Sicherheitsesoterik“. Auch der Linken-Abgeordnete Hakan Taş sagte, mit dieser mangelnden Transparenz entziehe sich die Maßnahme, die einen tiefen Eingriff in die Grundrechte darstelle, jeder parlamentarischen Kontrolle. Die Rechtsgrundlage für die Maßnahme sei zudem „unsauber“, so Benedikt Lux (Grüne). Innensenator Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt verteidigten die stille SMS als taktisches Einsatzmittel. Jede Maßnahme durchlaufe mit dem Richtervorbehalt ein Prüfungsverfahren, die Rechtsgrundlage sei die Strafprozessordnung, so Henkel. Kandt betonte, die SMS werde nur bei schweren Straftaten eingesetzt, als Beispiel nannte er etwa Fahndungserfolge nach einem Mord im Rauschgiftmilieu und die Festnahme mehrerer Kokain- und Heroindealer. Dass weitläufig Bürger überwacht würden, sei „abwegig“, sagte Kandt. Eine genauere Protokollierung der Maßnahme lehnte er als unverhältnismäßig aufwendig ab. Auch Henkel sah am Montag dafür „keine Notwendigkeit“.
Auch über die Bekanntgabe von Demonstrationsrouten diskutierte der Ausschuss. Den Antrag der Grünen, die Polizei solle alle Versammlungen mit Datum, Ort und Thema veröffentlichen, lehnten SPD und CDU ab. Es gebe keinen Grund, von der Praxis der Polizei, Routen nach ihrer Festlegung auf Anfrage bekanntzugeben, abzuweichen, hieß es. Kandt betonte, die Polizei halte keine Routen geheim. Hintergrund war vor allem der Streit um den Zeitpunkt der Bekanntgabe von Neonazi-Demos, um Gegenprotest zu mobilisieren. In Berlin gab es 2013 rund 4500 Demonstrationen.
cbr