Preisverleihung

Spandau wird neu erfunden

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Isabell Jürgens

Architekten und Studenten präsentieren ihre Ideen beim Schinkel-Wettbewerb

Der Kreisverkehr rund um den Falkenseer Platz muss weg. Und der Altstädter Ring, mit fünf Fahrspuren in jede Richtung breiter als die meisten Autobahnen, am besten gleich mit. Das zumindest ist das übereinstimmende Ergebnis des diesjährigen Schinkel-Wettbewerbes, den der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (AIV) ausgelobt hat. Sämtliche Preisträger unter den jungen Planern aus den Sparten Städtebau, Landschaftsarchitektur und Architektur schlagen vor, Spandaus Asphaltpisten zurückzubauen zu normalen Stadtstraßen.

„Die Wettbewerbsergebnisse bieten aber jeweils spannende Ansätze, die nicht nur in Spandau weiter diskutiert werden sollten“, sagte die Architektin Melanie Semmer, Vorsitzende der Jury und 2. Vorsitzende des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin bei der Vorstellung der Wettbewerbsbeiträge. Für den AIV-Schinkel-Wettbewerb „Spandau bei Berlin“ wurden Preisgelder in Höhe von insgesamt 20.500 Euro vergeben. Die Jury prämierte insgesamt 14 Entwürfe, davon 15 mit Sonder- und Anerkennungspreisen und einen mit dem Schinkelpreis. Aufgabe war es, aus gesamtstädtischer Perspektive die Eigenständigkeit und die Erkennbarkeit des Stadtkerns von Spandau zu stärken.

„Spandaus Lage am Wasser stellt dafür eine besondere Chance dar, um Landschaft und Stadt zu verknüpfen“, sagte Semmer. Eine besondere Herausforderung für alle sieben Fachsparten habe jedoch die die Verkehrssituation im Wettbewerbsgebiet, insbesondere zwischen Hauptbahnhof und Falkenseer Platz, dargestellt. Der Altstädter Ring isoliere die Altstadt, Grün- und Freiflächen sowie den Zugang zur Havel von den umliegenden Quartieren. Zudem versperre ein Parkhaus den Blick zur Altstadt und den wenige hundert Meter entfernten Wegen entlang der Wasserkanten, wo sich mit der Weite der Flusslandschaft ein reizvolles Panorama öffne.

Die diesjährige Aufgabe, für „Spandau bei Berlin“ überzeugende Ansätze zu finden, die die urbanen Potenziale rechts und links des Altstädter Rings heben, sei die bislang anspruchsvollste Aufgabe in der mittlerweile 159-jährigen Geschichte des Wettbewerbs gewesen. Das habe offenbar viele Nachwuchsplaner abgeschreckt. „Es wurden lediglich 115 Beiträge eingerecht – das ist vergleichsweise wenig“, sagte Semmer. Im vergangenen Jahr lautete die Aufgabe, ein schlüssiges Nachnutzungskonzept für das Tegeler Flughafenareal zu entwickeln – 360 Teilnehmer reichten Beiträge ein.

In der Fachsparte Landschaftsarchitektur zeichnete die Jury mit dem mit 2500 Euro dotierten Schinkelpreis vier Studierende der Technischen Universität Berlin (TU) aus. Henning Holk, Julia Müller, Philipp Rösner und Janina Thieme konzipierten einen 4,5 Kilometer langen Promenadenring an den Ufern von Havel und Spree. Der Weg führt von der Altstadt vorbei an der Zitadelle und weiter über die Halbinsel Sophienwerder an die Spreemündung. Die Jury lobte, dass durch Brückenschläge über Havel und Spree der Entwurf die unterschiedlichen Freiräume am Wasser verbinde. Als besondere Anerkennung erhalten die Berliner dafür auch das ebenfalls mit 2500 Euro dotierte Italien-Reisestipendium der Hans-Joachim-Pysall-Stiftung.

Anstelle des Parkhauses könnte ein neuer Platz entstehen, lautete der Vorschlag von Frithjof Hamacher (TU Dresden). Sein Entwurf zeichne sich durch hohe gestalterische Qualität aus, lobte die Jury in ihrer Begründung. Sie verlieh Hamacher einen Anerkennungspreis in Höhe von 1000 Euro.

Gleich mehrere städtebauliche Entwürfe entwickeln schließlich Ideen für ein verkehrsberuhigtes Zentrum entlang des Altstädter Rings, in dem neue Quartiere und Grünflächen erschlossen werden könnten. „Ob eine Kreuzung statt des derzeitigen Kreisverkehrs auf dem Falkenseer Platz die Lösung ist, bedarf einer weiteren Prüfung“, so Semmer. Dass der Kreisel ein Hemmnis für die Stadtentwicklung darstelle, zeige sich nicht zuletzt bei der in der Fachsparte Architektur gestellten Aufgabe, die frühere Reiterstaffel der Polizei in unmittelbarer Nähe als Kultur-Campus im Zentrum zu entwickeln. Wo heute Stallgebäude und eine Reithalle aus rotem Backstein leer stehen, könnte an zentraler Stelle eine Mehrzweckhalle entstehen.

In Erinnerung an Karl-Friedrich Schinkel verleiht der AIV am Geburtstag des Baumeisters, dem 13. März, auf dem Schinkelfest unter der Schirmherrschaft von Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) die Preise. Die prämierten Entwürfe sind bis zum 11. April zu sehen in der Universitätsbibliothek der TU Berlin (Volkswagen-Haus), Fasanenstraße 88 (Charlottenburg): Mo.–Fr. 9–22 Uhr, Sbd., 10–18 Uhr. Der Eintritt ist frei.