Von den 800 ab Februar benötigten Pädagogen fehlen noch 300
Für das zweite Schulhalbjahr fehlen noch etwa 300 Lehrer, doch bei den zentralen Einstellungsrunden bleiben die Bewerber bisher aus. In den meisten sogenannten „Lehrercastings“ für Mangelfächer kam nicht einmal die Hälfte der eingeladenen Bewerber. Für das Fach Biologie sind nach Informationen dieser Zeitung von 90 eingeladenen Bewerbern nur 30 erschienen. Bei den Sportlehrern kamen von 34 Bewerbern nur fünf Interessenten zum Vorstellungsgespräch. Für Englisch meldeten sich auf 50 Stellen 4 3Bewerber, gekommen sind elf.
Zwar folgen noch Einstellungen in den Schulen direkt, doch der Trend ist klar: Für viele Fächer gibt es zu wenig Bewerber. Auch in der Vergangenheit gab es immer eine Diskrepanz zwischen eingeladenen Bewerbern und tatsächlich erschienenen, doch nach Einschätzung von Schulleitern war die Schere noch nie so groß. In einigen Fächerkombinationen seien nicht einmal 20 Prozent der Eingeladenen gekommen.
„Der tatsächliche Bedarf kann nicht mehr gedeckt werden, und die Schulen sind gezwungen, auf andere Fächerkombinationen auszuweichen“, sagt Sigrid Baumgardt, Vorsitzende der GEW. Vor allem an Oberschulen sei das schwierig. Ein Bio-Lehrer könne nicht ohne weiteres Physik unterrichten. Leer ausgehen würden vor allem Sekundarschulen in Randgebieten und in sozialen Problemlagen, denn die Bewerber könnten sich angesichts des Fachkräftemangels ihre Schule aussuchen. Bei den Castings würden nicht mehr die Schulen aus den Bewerbern wählen, sondern die Bewerber aus der Vielzahl der suchenden Schulen.
Lothar Semmel, Vize-Schulleiter der Clay-Sekundarschule in Rudow, hatte zunächst großes Glück. „Bei dem Casting für Physik, Mathematik und Chemie waren 90 Bewerber eingeladen aber nur etwas mehr als 20 erschienen“, sagt Semmel. Die wenigen hätten bestimmte Bezirke gleich ausgeschlossen, so dass man als Neuköllner Schule kaum Chancen habe, selbst wenn man im bürgerlichen Rudow liege. Dann allerdings habe sich doch noch ein Lehrer für Mathematik und Musik speziell die Clay-Schule ausgesucht, wegen ihrer besonderen musikalischen Profilierung. „Ich konnte es fast nicht glauben. Das war wie ein Sechser im Lotto, wir haben dem Lehrer beste Bedingungen angeboten“, sagt Semmel. Am Donnerstag sei doch noch die Absage gekommen. Der Lehrer habe sich für eine Schule in Brandenburg entschieden – wo er verbeamtet wird.
Florian Bublys, Sprecher der Initiative „Bildet Berlin“, sieht vor allem ein Problem für die Qualität der Berliner Schulen: „Die sind gezwungen, jeden zu nehmen, ganz egal, ob er geeignet ist oder nicht.“ Insgesamt will die Senatsverwaltung für Bildung Anfang Februar 800 Lehrer einstellen. 362 Pädagogen konnten bereits durch die Job-Garantie für Referendare in Mangelfächern und durch Entfristungen von Arbeitsverträgen gewonnen werden. Insgesamt benötigt Berlin in diesem Jahr 2000 neue Lehrer, so viele wie nie zuvor.
Die Pensionierungswelle erreicht 2014 wegen des hohen Durchschnittsalters ihren Höhenpunkt. Zudem werden zusätzliche Lehrkräfte wegen der neuen Altersermäßigung benötigt, die ab August eingeführt wird. Danach sollen Lehrer ab 58 Jahren eine Unterrichtsstunde pro Woche ermäßigt bekommen, ab 61 Jahren dann zwei Stunden pro Woche.