Es gibt Orte in Berlin, die besonders beliebt sind. An denen Berliner und Touristen gern feiern. Oft zum Verdruss der Anwohner, die sich gestört fühlen. Wenn wieder Ruhe einkehrt und die Menschenmassen verschwunden sind, bleiben Schäden und Müllhaufen zurück. Fachleute haben bereits ein Wort dafür: „Übernutzung“. Die Behörden in den Innenstadtbezirken wollen nun gegensteuern. Im Mauerpark in Prenzlauer Berg etwa. Dort sollen nur noch die traditionellen Veranstaltungen, aber keine neuen Events genehmigt werden. In Friedrichshain-Kreuzberg will das Bezirksamt die Zahl der Straßenfeste einschränken. Es sucht einen zentralen Festplatz. Und der Bezirk Mitte hat einen Kriterienkatalog entwickelt, um die Häufung von Veranstaltungen auf prominenten Plätzen und Straßen einzugrenzen.
Beim Mauerpark in Prenzlauer Berg hat sich das Bezirksamt Pankow für einen Strategiewechsel entschieden. Noch im Sommer 2012 wollte die Behörde, dass die dort von Joe Hatchiban aufgeführte Karaoke-Show seltener stattfinden soll, damit andere Veranstalter eine Chance bekommen. Im September teilte Stadtrat Jens Holger Kirchner (Grüne) mit: „Es gilt ein gewisser Bestandsschutz für wenige, regelmäßig stattfindende Veranstaltungen.“ Traditionelle Events wie die Karaoke-Show und die Fête de la Musique soll es aber weiterhin geben.
Kirchner bekommt rund 200 Anfragen für Veranstaltungen pro Jahr. Zahlreiche Dreharbeiten und kommerzielle Feste mussten deshalb abgelehnt werden. Die restriktive Genehmigungspraxis diene auch dem Schutz der Erholungsuchenden und ruhebedürftigen Parkbesucher, so der Stadtrat. 2012 und 2013 haben je 24 Karaoke-Veranstaltungen stattgefunden, an je zwei Tagen die Fête de la Musique. 2013 genehmigte das Amt außerdem ein Peru-Familien-Fest und das Knaack-Sommerfest. Der Andrang war jedoch so groß, dass es zu Schäden in der Grünanlage kam.
1635 Beschwerden
Anwohnerbeschwerden über Straßenfeste und Wochenmärkte treffen auch regelmäßig beim Pankower Stadtrat für Bürgerservice, Torsten Kühne (CDU), ein. Fünf bis sechs pro Veranstaltung kämen da zusammen. „Zum Beispiel beim Markt auf dem Kollwitzplatz, der wöchentlich stattfindet.“ Oft ärgern sich die Nachbarn über Lärm oder Parkplätze, die blockiert werden. Kühne schätzt, dass es zwischen 100 und 200 Straßenfeste pro Jahr in Pankow gibt und etwa genauso viele Märkte jährlich stattfinden. In Friedrichshain-Kreuzberg sind die Straßenfeste zu einem Problem geworden. Auch Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) spricht von Übernutzung. „Egal ob Ramadan und Weihnachten – wir könnten den gesamten Bezirk mit Veranstaltungen zupflastern“, sagt die Grünen-Politikerin. Es gebe zunehmend Kritik aus der Bevölkerung. Vor allem wegen des Lärms, aber auch weil Festbesucher den Hauseingang als Toilette benutzen. Die Grenze dessen, was die Anwohner ertragen könnten, sei erreicht, so die Bürgermeisterin.
Das Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg führt akribisch Protokoll über die Beschwerden zu Straßenfesten. 1635 seien seit 2009 in der Datenbank des Ordnungsamtes gespeichert worden, sagte Peter Beckers (SPD), Friedrichshain-Kreuzbergs Stadtrat für Ordnung. „Bei einigen Festen häufen sich die Beschwerden, das wissen wir aus der Erfahrung“, sagte Beckers. Langfristig soll es einen zentralen Festplatz in Friedrichshain-Kreuzberg geben. „Wir haben jetzt eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Sondernutzung von öffentlichen Straßen und Grünflächen untersucht und vorschlägt, wie damit künftig umzugehen ist.“
Bis zum Dezember wolle man zu Ergebnissen kommen, so Beckers. Bei der Genehmigung von Festen müssten das Straßenrecht betrachtet werden und der Lärmschutz. „Wenn man ablehnt, müssen objektive Gründe vorliegen, die nachvollziehbar sind.“
Begehrtes Zentrum
In Mitte ist vor allem die Straße des 17. Juni als Location begehrt. Nahezu täglich wird Stadtrat Carsten Spallek (CDU) von Veranstaltern gefragt, meist lehnt er ab. Prominentestes Beispiel in diesem Jahr ist das Deutsch-Amerikanische Volksfest. Die Veranstalter wollten gern nahe der amerikanischen Botschaft feiern. Doch Spallek lehnte ab. „Dafür müsste die Straße des 17. Juni zwei bis drei Wochen gesperrt werden, das geht nicht.“ Die Behörde hat Kriterien zusammengestellt, die zur Genehmigung oder Ablehnung herangezogen werden. Sie gelten für 14 Orte im Bezirk. Laut Kriterienkatalog sollen auf der Straße des 17. Juni und am Brandenburger Tor nur Veranstaltungen von herausragender Bedeutung erlaubt sein. Unlängst feierte dort die SPD ihren 150. Geburtstag, was viel Kritik erfuhr.
In Charlottenburg-Wilmersdorf ist nicht die Zahl der Beschwerden das Problem, sagte Stadtrat Marc Schulte (SPD), „sondern die Kritik einzelner Anwohner“. Er nannte als Beispiel das Jazzfest auf dem Savignyplatz, das wegen hoher Lärmschutzauflagen schließlich abgesagt wurde. „Das Fest sollte den Ort beleben.“ Weil sich ein Anwohner beschwerte, wurden Messungen der Lautstärke vorgenommen. Die Vorgaben hatten zur Folge, so Schulte, „dass man die Musik nur bis zur dritten Reihe hören konnte“. Dies habe der Veranstalter nicht akzeptiert.