Konflikt

Der BER-Chef und die Nähe zu Air Berlin

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Viktoria Solms

Hartmut Mehdorn soll sich in Verhandlungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber über Schadenersatz eingeschaltet haben

Am neuen Hauptstadt-Airport BER gibt es wirklich genügend zu tun. So könnte man beispielsweise die Brandschutzanlage reparieren, Kabel verlegen und sich Gedanken über einen neuen Eröffnungstermin machen. Stattdessen gönnen sich Flughafenchef Hartmut Mehdorn und Technikchef Horst Amann eine Auseinandersetzung, die einer Schlammschlacht gleicht.

Dass zwei Manager aneinandergeraten, ist nichts Außergewöhnliches. Es ist sogar ein Erfolgsgeheimnis, wenn sie hinterher darüber hinwegschauen und erfolgreich zusammenarbeiten können. Doch am BER hat der Konflikt ein Niveau erreicht, bei dem der eine dem anderen Petzerei vorwirft. So lässt sich zumindest der Brief von Hartmut Mehdorn an Brandenburgs Ministerpräsident und Aufsichtsratschef Matthias Platzeck (SPD) verstehen. Darin beschuldigt Mehdorn seinen Technikchef, grundlos eine Diskussion losgetreten zu haben, die „einzig und allein der Stimmungsmache“ gegen ihn diene.

Anlass für den Brief war der Vorwurf, Mehdorn habe mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Fluggesellschaft Air Berlin, über Ausgleichszahlungen in Millionenhöhe verhandelt. Die Airline sollte im Gegenzug ihre Schadenersatzklage zurückziehen. Der Berliner Morgenpost liegen Dokumente vor, die einen entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung bestätigen. In einem Schreiben an seinen Nachfolger als Vorstandschef bei Air Berlin, Wolfgang Prock-Schauer, stellt Mehdorn unter anderem zehn Millionen Euro sowie Werbeflächen in Aussicht, wenn Air Berlin im Gegenzug ihre Schadenersatzklage gegen den Flughafen zurücknehme. Air Berlin sei „der größte und strategisch wichtigste Kunde“ der Flughafengesellschaft, scheibt Hartmut Mehdorn.

Drohender Interessenkonflikt

Nun ist Air Berlin mit knappem Vorsprung vor der Lufthansa tatsächlich Marktführer in Berlin und Mehdorn als Geschäftsführer verpflichtet, Schadenersatzansprüche an die Flughafengesellschaft am besten ganz zu verhindern oder so gering wie möglich zu halten. Kompliziert wird die Angelegenheit aber dadurch, dass Mehdorn noch als Chef von Air Berlin im November 2012 eine Feststellungsklage beim Landgericht Potsdam eingereicht hat. Damit will die Airline prüfen lassen, ob sie wegen der verschobenen BER-Eröffnung Anspruch auf Schadenersatz hat.

Bei seinem Amtsantritt als Flughafenchef im März sagte Mehdorn, dass er sich aus der Verhandlung über eben diese Klage heraushalten wolle. Denn sonst droht ein Interessenkonflikt. Entsprechend teilte die Flughafengesellschaft auch mit, dass Mehdorn ein eigenes Verhandlungsteam zusammengestellt habe, das ohne seine Einflussnahme einen Vorschlag für die Auseinandersetzung mit Air Berlin erarbeitet habe.

Nach mehreren Verhandlungsrunden sei dabei Anfang Mai ein außergerichtlicher Kompromissvorschlag entstanden, der laut einer Mitteilung der Flughafengesellschaft „die zeit- und kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten beilegen sollte“. Diesen Vorschlag habe Mehdorn auf Nachfrage von Air Berlin noch einmal schriftlich bestätigt und gleichzeitig den Aufsichtsratsvorsitzenden darüber informiert. Nun erweckt aber ein Brief Mehdorns, der auf Mitte Mai datiert ist, einen anderen Eindruck. Der Brief ist in Teilen geschwärzt. Doch in einigen Passagen ist von einem Gegenangebot auf einen Vorschlag Prock-Schauers die Rede und dass die Flughafengesellschaft „nicht auf alle Ihre Forderungen eingehen“ könne.

Das deutet darauf hin, dass sich Mehdorn sehr wohl in die Verhandlungen mit Air Berlin eingeschaltet hat. Richtig verworren wird der Fall durch einen Brief von Mehdorn an Platzeck vom 10. Juni 2013. Darin schreibt Mehdorn, dass er weder Air Berlin noch einer anderen Airline „irgendwelche materiellen Angebote“ unterbreitet habe. Am Ende kommt es darauf an, bis zu welcher Grenze sich der Flughafenchef in die aktuellen Verhandlungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber einmischen darf. Mehdorn sah die Grenze des Zulässigen offenbar nicht überschritten. Zumal er oder besagtes Verhandlungsteam seinem ehemaligen Arbeitgeber noch nicht einmal ein besonders verlockendes Angebot gemacht hat. Air Berlin ging nämlich nicht darauf ein.

Die Fluggesellschaft hält sich aus der ganzen Angelegenheit heraus und lässt lediglich mitteilen, dass sie „auch für eine außergerichtliche Einigung offen“ sei. Bei der Lufthansa wollte sich ein Sprecher nicht dazu äußern, dass die Flughafengesellschaft mit dem Konkurrenten Air Berlin offenbar schon konkret über Schadenersatz verhandelt.

Vorwurf der Scheinheiligkeit

Nach Ansicht von Andreas Otto, der für die Grünen im BER-Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses sitzt, ist Mehdorn „der Prellbock“ für den Aufsichtsrat. „Die Mitglieder lassen Mehdorn regelmäßig testen, ob bestimmte Themen wie etwa ein längerer Betrieb von Tegel in der Öffentlichkeit ankommen“, sagt Otto. Er glaubt daher, dass der Aufsichtsrat sehr wohl über Mehdorns Verhandlungen mit Air Berlin Bescheid wusste.