Am Wochenende stellt die SPD ihre Liste für die Bundestagswahl auf
SPD-Landeschef Jan Stöß arbeitet seit Monaten an der Landesliste der SPD für die Bundestagswahl. Das Kunststück daran ist, alle zufriedenzustellen: die großen Kreisverbände, die Frauen, die Migranten, die Ostdeutschen und vor allem jene Unterstützer, die ihn gegen Stadtentwicklungssenator Michael Müller zum Landesvorsitzenden gewählt haben. Fünf Plätze gelten als sicher, der sechste als möglich. Die Auswahl für ein solches Personaltableau ist nicht so sehr groß, weil traditionell nur die Politiker auf die Landesliste kommen, die in ihren Kreisverbänden um ein Direktmandat kämpfen. Das sind zwölf. Zwölf Köpfe für maximal sechs aussichtsreiche Plätze.
Angesichts dieser Konstellation gilt es als sicher, dass es am Sonnabend bei der Kandidatenkür im Hotel „Estrel“ Kampfkandidaturen geben wird. „Es wird eng. Ich erwarte zwar Gegenkandidaturen, aber 60-zu-40-Mehrheiten für Vorschläge von Stöß“, sagt ein führender Sozialdemokrat. Unstrittig ist die Liste nur auf den ersten beiden Plätzen. Platz eins geht wohl an die Bundestagsabgeordnete Eva Högl. Die 44-Jährige ist als Obfrau der SPD im NSU-Untersuchungsausschuss nach dem Ausscheiden von Wolfgang Thierse und der Finanzexpertin Petra Merkel die profilierteste Berliner SPD-Parlamentarierin. Zudem ist sie Landeschefin der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen.
Platz zwei geht an den Spandauer Bildungsexperten Swen Schulz, 45. Auch er steht für eine gewisse Kontinuität, sitzt schon seit 2005 im Bundestag. Platz drei dürfte schon unsicher sein. Favoritin von Stöß ist Mechthild Rawert. Die Gesundheitsexpertin ist zwar Sprecherin der SPD-Landesgruppe im Bundestag und gehört dem Parlament seit 2005 an. Aber die Art der 55-Jährigen gefällt nicht jedem, und zudem kommt sie aus Tempelhof-Schöneberg. Das ist der Kreis, aus dem Michael Müller stammt und der deswegen Stöß als Landesvorsitzenden verhindern wollte. Denkbar ist, dass Rawert sich der Konkurrenz von Ülker Radziwill erwehren muss. Die 46-jährige stellvertretende Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus ist Sozialexpertin und war lange Sprecherin der AG Migration. Sie bewirbt sich in Charlottenburg-Wilmersdorf um das Direktmandat.
Auf dem Männerplatz vier soll Klaus Mindrup, 49, für sein langjähriges Engagement in der Pankower Bezirkspolitik belohnt werden. Platz fünf als Frauenposition könnte wieder angegriffen werden. Hier hat Stöß aus Friedrichshain-Kreuzberg Cansel Kiziltepe aus seinem eigenen Kreisverband vorgesehen. Die 38-Jährige ist Vorstandsreferentin bei Volkswagen und genießt das Vertrauen der AG Migration der SPD. Rang sechs ist dann für den ersten Vertreter der Parteirechten vorgesehen, den Neuköllner Fritz Felgentreu. Möglich wäre, dass hier der Reinickendorfer Jörg Stroedter gegen Felgentreu antritt. Strödter repräsentiert die Gruppe „Berliner Mitte“, die sich im Flügelkampf der Linken mit den Rechten als pragmatisch begreift.