Klage

Umweltschützer kämpfen für "Famos"

| Lesedauer: 3 Minuten
Sören Kittel

Wie Kleingärtner und BUND versuchen, eine Bebauung zu verhindern

Der Zettel, den der Leiter der Baugruppe "Himmel & Erde", Ulf Maaßen, am Mittwoch an den Zaun der Kleingartenanlage "Famos" gehängt hat, macht deutlich, dass es laut werden kann an der Brehmestraße im Pankower Florakiez. Wörtlich steht dort: "In Kürze lassen wir dieses Grundstück beräumen. Hierbei wird ein gewisser Lärm unvermeidbar sein." Zudem freue man sich über "jedes Gartenhaus, jede Staude, jede Holzlatte", die vor der Beräumung gerettet würden.

Doch die Beräumung könnte sich weiter verschieben. An diesem Donnerstag hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine entsprechende Klage gegen das Land Berlin eingereicht. "Denn es geht nicht allein um die Kleingartenanlage Famos", sagt Tilmann Heuser vom Berliner BUND, "sondern um die Art und Weise, wie Planungen durchgeführt werden." Er meint damit die "naturschutzrechtliche Befreiung", die das Bezirksamt Pankow der Baugruppe innerhalb weniger Tage erteilt hatte - obwohl das nach Paragraf 39 des Naturschutzgesetzes nur unter Beteiligung von Umweltverbänden geschehen darf. Und dieses Vorgehen könne mehrere Wochen dauern. So aber war die notwendige Artenschutz-Untersuchung im November durchgeführt worden - zu einer Zeit, in der die zu schützenden Tierarten längst nicht mehr in Berlin waren.

Die Klage ist ein weiterer - und vielleicht letzter - Schritt in einem langen Kampf der Kleingärtner von "Famos" gegen die Baugruppe "Himmel & Erde". Über Monate hatten die Gärtner sich gegen die drohende Bebauung ihrer Parzellen mit kreativen Mitteln gewehrt: Sie haben zwei Filme gedreht, fast 20.000 Unterschriften gesammelt und mehrere Demonstrationen organisiert.

Noch treffen sich die engagierten "Wut-Gärtner" jeden Montag um 18 Uhr und demonstrieren für ihr Erholungsgebiet. Und am kommenden Montagmorgen wollen sie sich am Eingang zur Kolonie versammeln, um zu sehen, ob die Bagger wirklich anrücken, wie es auf dem Zettel am Zaun angedeutet wird. Auf den 18 Parzellen der 90 Jahre alten Kleingartensparte "Famos" sollen mit der Baugemeinschaft "Himmel & Erde" sechs Mehrfamilienhäuser mit70 Wohnungen entstehen. Ulf Maaßen, Leiter der Baugruppe, war für die Berliner Morgenpost am Donnerstag nicht zu erreichen. Laut "Famos" soll es am Mittwoch zu unangenehmen Szenen gekommen sein, als Maaßen den "Lärm"-Zettel an den Gartenzaun hängte. "Er hat mir wörtlich gesagt", so ein "Famos"-Mitglied, "dass Gärten nicht in die Innenstadt gehörten." Sicher ist derzeit nur, dass es bald laut wird - wobei schon jetzt die Züge an der nahegelegenen Bahntrasse sowie die Flieger auf der Tegeler Einflugschneise für gehörigen Grundlärm sorgen.

In fünf Jahren 1000 Gärten weniger

Der Kampf "Kleingarten gegen Neubau" ist derzeit keine Seltenheit in Berlin, 19 Anlagen sind akut bedroht. In den vergangenen fünf Jahren sind rund 1000 Kleingärten vernichtet worden. Für Günter Landgraf, Präsident des Landesverbandes der Berliner Gartenfreunde, verstößt das gegen den Koalitionsvertrag des schwarz-roten Senats, wonach Kleingärten geschützt werden sollten. Für den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen dagegen ist das Bebauen von Gärten ein Mittel, um die Wohnungsnot in Berlin zu bekämpfen.