Flächen am Blumengroßmarkt werden verkauft - Zahlreiche Interessenten

- Drei der begehrtesten Grundstücke in der Mitte Berlins werden derzeit verkauft. Der Liegenschaftsfonds verhandelt mit Interessenten über die Flächen am einstigen Blumengroßmarkt nahe dem Jüdischen Museum in Kreuzberg, in der südlichen Friedrichstadt. Erst Ende 2012 steht fest, wer diese Grundstücke bekommt. Doch schon jetzt ist klar: Es wird nicht der Meistbietende sein, sondern der Investor mit dem besten Konzept.

Ungewöhnliches Bieterverfahren

Das ist für Berlin ein ungewöhnliches Verfahren. Doch die Berliner Großmarkt GmbH, der die Flächen gehören, hat sich darauf eingelassen. Sie hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, der mehrere Experten für Stadtplanung angehören. Diese Experten haben ein Mitspracherecht bei der Bewertung der Angebote für die drei Grundstücke bekommen. Mit dabei ist Andreas Krüger, Stadtplaner und Geschäftsführer von Planet Modulor. Er bringt Erfahrungen vom Neubauprojekt am Moritzplatz in Kreuzberg mit.

Die drei Grundstücke liegen zwischen E.T.A-Hoffmann-Promenade, Friedrichstraße, Linden- und Markgrafenstraße. Es geht um insgesamt 7800 Quadratmeter. Wer die Interessenten im Rennen um diese Flächen sind, verrät Andreas Krüger nicht. Aber soviel: In der südlichen Friedrichstadt werden nicht die Erbauer von Luxusquartieren zum Zuge kommen. Sie seien bereits nach Punkten ausgeschieden, so Krüger, weil ein bestimmtes Auswahlraster angelegt wurde. Denn auf ein Ziel haben sich BGM, Liegenschaftsfonds und die Expertengruppe geeinigt: Im Umfeld des Checkpoint Charlie soll eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Kreativwirtschaft entstehen. Die Interessenten, die jetzt in der engeren Auswahl sind, kommen diesem Ziel nahe. Für jede der drei Flächen sind es zwei Bieter, bei einem Grundstück sogar drei, sagt Krüger. Die Gespräche mit diesen Investoren laufen. Sie planen Ateliers für Künstler, Galerien und kleine Werkstätten für Designer. Auch beim Wohnen ist eine Mischung vorgeschlagen: mit Wohnungen für Singles, für Familien, außerdem für betreutes Wohnen.

Für das Grundstück nahe dem Jüdischen Museum gibt es einen Bewerber, der einen Schwerpunkt auf jüdische Kultur gesetzt hat und ein Museum für zeitgenössische jüdische Kunst schaffen möchte. Ein Konzept, das zur Umgebung passt. Denn das Jüdische Museum an der Lindenstraße, das in jedem Jahr Hunderttausende Besucher anzieht, baut seinen Standort aus. Die alte Blumengroßmarkthalle gegenüber wird zur Akademie des Museums umgestaltet, mit Vortragssaal, Archiv, Bibliothek und Garten. Die Pläne dafür stammen von Architekt Daniel Libeskind, der schon den Neubau des Museums entwarf.

Die Grundstücke in der Umgebung der Großmarkthalle, die jetzt verkauft werden, sind dagegen unauffällig. In unmittelbarer Nachbarschaft der Halle stehen zwei alte Wohnhäuser. Auf Parkplätzen sind Autos abgestellt. Nichts, was Touristen oder neugierige Berliner interessieren könnte, bis auf zwei metallisch glänzende Kriegerfiguren im Hof des einen, denkmalgeschützten Gebäudes. Passanten entdecken sie nur, wenn sie unter einem Bogen hindurchgehen. Die Fassade des Hauses ist grau, der Putz blättert ab. Die Zeit scheint stehengeblieben. Die Metallskulpturen habe einer der Mieter, ein Künstler, gebaut, unter Verwendung eines Einkaufwagens, erzählt ein junger Mann. Er befürchtet, dass das Haus saniert wird und die, die jetzt dort wohnen, sich die Miete nicht mehr leisten können.

Doch es solle preiswerten Wohnraum im neuen Quartier geben, sagt Stadtplaner Andreas Krüger. Dies könnte zum Beispiel durch eine sogenannte Querfinanzierung ermöglicht werden, wie sie ein Interessent vorgeschlagen hat: In einem Gebäude entstehen teure Luxuswohnungen in den obersten Geschossen. Dadurch werden niedrigere Mieten in den unteren Etagen möglich.

Bauhütte und Ausbildungsplätze

Was bei den Konzepten der Grundstücksinteressenten noch fehle, so Krüger, sei eine Anbindung an die Umgebung. Also der Bezug zum Umfeld - zu dem das Zeitungsviertel an der Kochstraße gehört, der Checkpoint Charlie, aber auch das Quartier am Mehringplatz, das als sozialer Brennpunkt gilt. "Es entsteht ein völlig neues Viertel in der Mitte der Stadt", sagt Krüger. "Hunderttausende Quadratmeter an Nutzfläche werden geschaffen." Deshalb soll es einen Ort geben, an dem sich Menschen über die Pläne und den Fortschritt der Projekte informieren können. Die Idee sei, eine Infobox mit dem Namen "Bauhütte" zu errichten. Diese Bauhütte will der Verein Friedrichstadt Süd einrichten. Der Verein entwickelt in diesem Jahr ein Konzept dafür und möchte die künftigen Investoren dafür gewinnen. Die Wirtschaftsförderung des Bezirks hat für dieses Konzept 10.000 Euro zur Verfügung gestellt. In der Bauhütte soll es schon während der Bauzeit Jobs für Anwohner geben und Bildungsangebote für Jugendliche und Erwerbslose. "Denn die südliche Friedrichstadt ist ein Quartier mit hoher Arbeitslosigkeit", sagt Florian Schmidt vom Verein Friedrichstadt Süd. Der Verein habe schon Gespräche mit der Handwerkskammer und der Architektenkammer geführt.