Seit Monaten verhandelt das Land Berlin über den Rückkauf der privaten Anteile an den Berliner Wasserbetrieben mit dem Energiekonzern RWE.
Zuletzt hatte das Unternehmen 800 Millionen Euro für seinen 24,95-Prozent-Anteil verlangt. Nun machen neue Spekulationen über einen Kaufpreis die Runde. Wie die "Bild"-Zeitung am Montag berichtete, soll sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) mit dem Konzern aus Essen auf einen Preis von 618 Millionen Euro geeinigt haben - also deutlich weniger als von RWE zunächst verlangt.
Mit einem Rückkauf könnte Berlin einen Teil der umstrittenen Privatisierung der Wasserbetriebe aus dem Jahr 1999 rückgängig machen. Damals hat das Land jeweils 24,95 Prozent der Anteile an RWE und den französischen Veolia-Konzern verkauft - und den Privaten hohen Renditen garantiert. Der mögliche Rückkauf ist derzeit nicht der einzige politische Schauplatz rund um die Wasserbetriebe. Auch der Streit über die zu hohen Wasserpreise und die bevorstehende Verfügung des Bundeskartellamts in dieser Angelegenheit sorgen für Debatten.
Den nun diskutierten Kaufpreis will die Finanzverwaltung nicht bestätigen. "Die Verhandlungen mit RWE laufen noch", sagte Nußbaums Sprecherin Katrin Bierwirth am Montag. "Erst am Ende wird es ein ausverhandeltes Ergebnis mit einem ausverhandelten Kaufpreis geben." Zum Verlauf der Verhandlungen wollte Bierwirth unter Hinweis auf die Vertraulichkeit der Gespräche nichts sagen. Man komme gut voran, hieß es nur. Der Kaufpreis werde am Ende unter der ersten 800-Millionen-Euro-Forderung von RWE liegen, sagte Bierwirth. Auch RWE wollte einen möglichen Kaufpreis nicht kommentieren, die Verhandlungen seien aber "weit fortgeschritten".
Aber auch wenn der Finanzsenator und der Energiekonzern sich über einen Preis einigen, ist damit noch lange nicht klar, ob das Geschäft auch so zustande kommt. Dann muss die Frage geklärt werden, wie die Kaufsumme finanziert werden kann.
Berlin will alle Anteile von RWE
Der dritte Eigentümer der Wasserbetriebe, der Konzern Veolia, ist ebenfalls daran interessiert, einen Teil der RWE-Anteile zu kaufen und seinen Einfluss auf das Berliner Unternehmen auszubauen. Nach Informationen der Berliner Morgenpost stehen die Chancen dafür derzeit aber schlecht. Das Land möchte wenn, dann alle Anteile von RWE erwerben und nicht noch einen Teil an Veolia abgeben.
Die Grünen halten einen möglichen Kaufpreis von 618 Millionen Euro für knapp 25 Prozent der Aktienanteile für überhöht. Hinsichtlich der kurz bevorstehenden Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts sei ein geringerer Preis möglich, sagte Heidi Kosche (Grüne), Mitglied des Sonderausschusses Wasserverträge. Niedrigere Wassertarife, wie das Bundeskartellamt sie anstrebt - die Trinkwasserpreise sollen um 50 Cent pro Kubikmeter gesenkt werden -, würden den Unternehmenswert drücken, so Kosche. Der Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer, forderte die Offenlegung der Vertragsverhandlungen. "Was sich zwischen Senat und privaten Anteilseignern in Sachen Rückkauf derzeit abspielt, lässt mehr Fragen offen, als es Klarheiten schafft", sagte er. Finanzsenator Nußbaum lasse keine Strategie erkennen. "Der in Rede stehende Kaufpreis ist aus unserer Sicht kaum geeignet, eine Refinanzierung des Rückkaufs und eine Senkung der Wasserpreise zu ermöglichen", so Lederer.
Nikolaus Karsten (SPD) hält den Preis indes für angemessen. "Bei einer kommunalen Finanzierung für 3,5 Prozent würden sich Spielräume zur Tilgung und zur Preissenkung ergeben", sagte er. Heiko Melzer, Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion, kündigte an, "die Pläne aus dem Hause des Finanzsenators" über den Rückkauf privater Anteile genau anzusehen. "Schon im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, den Einfluss des Landes Berlin auf das Unternehmen zu stärken", sagte Melzer. "Unser Ziel muss es sein, den Wasserpreis für die Berliner zu senken."
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