Winterdienst

Der Kampf gegen den Schnee wird teuer

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Taiana Ezus und Helga Labenski

Am 1. November beginnt für Berlins Winterdienste offiziell die Saison. Von diesem Tag an tritt auch eine weitere Neuerung des Berliner Straßenreinigungsgesetzes in Kraft: An großen Haupt- und Durchgangsstraßen (Räumklasse I und II) müssen dann die Gehwege auf 1,50 Meter Breite von Schnee und Eis befreit werden.

Bisher war vorgeschrieben, dass für Fußgänger ein Meter geräumt werden musste. Die Neuregelung ist ein weiterer Baustein zur umstrittenen Änderung des Berliner Straßenreinigungsgesetzes im November 2010. Grundbesitzer und Winterdienste müssen seither mit größerem Aufwand dafür sorgen, dass Berlins Straßen vor allem von Fußgängern und Radfahrern auch in schneereichen Wintern gefahrlos genutzt werden können.

Mit der Gesetzesänderung wollte die scheidende Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) ein Schneechoas wie im Winter 2009/10 verhindern. Das Gesetz habe sich "im Großen und Ganzen bewährt", bilanziert Lompschers Sprecherin Regina Kneiding. Der Zustand der Straßen habe sich im vergangenen Winter erheblich verbessert. Doch Grundeigentümer und Reinigungsfirmen hatten die Gesetzesnovelle scharf kritisiert und vor massiven Kostensteigerungen gewarnt. Ihre Prognose hat sich nun bewahrheitet. Viele Räumfirmen haben wegen der veränderten Gesetzeslage ihre Verträge gekündigt und verlangen nun Aufschläge von durchschnittlich 100 Prozent.

Doch die hohen Preise sind nicht das einzige Problem im kommenden Winter. Weil die rund 30 größeren Räumfirmen der Stadt wegen des höheren Zeitaufwands nun täglich weniger Flächen schaffen, können sie weniger Kunden annehmen. Viele Kleinstbetriebe, die zu Dumpingpreisen in den vergangenen Jahren ihre Dienste angeboten hatten, haben inzwischen aufgegeben.

Wer nicht frühzeitig einen Winterdienst vertraglich verpflichten wollte oder konnte, muss jetzt lange nach einem Anbieter suchen. Wie Peter Ropers, der die Kent Immobilienmanagement GmbH leitet. Für ein erst kürzlich erworbenes Miethaus in Köpenick konnte der Geschäftsführer über Wochen keinen Winterdienst finden. "Jetzt scheint es endlich geklappt zu haben", sagt Ropers erleichtert. "Wenn der Vertrag aber nicht diese Woche bei uns eingeht, dann habe ich ein Problem." Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin gibt ihren Mitgliedern inzwischen Tipps, um einen professionellen Winterdienst zu organisieren. Die Kammer empfiehlt Unternehmen, sich zusammenzuschließen und gemeinsam einen Winterdienst zu verpflichten. "Es besteht wirklich ein Engpass", bestätigt auch Katja Heers, Vorsitzende des Verbands Gewerblicher Schneeräumdienste. Sie warnt vor schwarzen Schafen, die mehr Aufträge annehmen als sie bei starkem Schneefall letztlich erfüllen könnten. "Die seriösen Firmen versuchen, sich auf die neue Gesetzeslage einzustellen", sagt Katja Heers. Dafür seien aber mehr Mitarbeiter und mehr Maschinen erforderlich.

Anruf bei den Diensten

Die Berliner Morgenpost hat den Test gemacht. Wir wollten wissen, ob und zu welchen Preisen Winterdienste auch noch kurzfristig ihre Leistung anbieten.

Als Kunde und Eigentümer eines Grundstücks mit 20 Metern Breite versuchten wir die Winterdienste Berlins zu erreichen, um Termine für die kommende Saison zu bekommen. Das Fazit: Räumfirmen nehmen auch jetzt noch Aufträge an - allerdings nicht in allen Bezirken. Besonders in den Berliner Außenbezirken mit ihren Einfamilienhaus-Siedlungen müssen sich Kunden jetzt beeilen, wenn sie nicht selbst zur Schneeschippe greifen wollen. So nimmt "Winterdienst-Best" Aufträge nur noch für Wilmersdorf, Charlottenburg, Schöneberg (zirka 950 Euro pro Saison) an. Er bietet auch kurzzeitige Winterdienst-Einsätze als Urlaubsvertretung an. Das Unternehmen bestätigt, dass sich seine Preise um etwa ein Drittel erhöht haben. Der Winterdienst Ruwe bietet die Leistungen nur in Treptow-Köpenick. Spandau und Wilmersdorf fallen aber komplett aus. "Wir haben nicht genug Kapazitäten", sagte eine Ruwe-Mitarbeiterin dieser Zeitung. Der Winterdienst Wellhöfer verlangt für bis zu 30 Quadratmeter Maschinenarbeit 195 Euro pauschal für die ganze Saison. Nach den Angaben der Winterdienstmitarbeiter waren die Preise letztes Jahr spürbar niedriger. Bei der Schneebeseitigung-Moczynski verdoppelten sich die Preise. Zur Begründung heißt es dort, man werde aufgrund der neuen Gesetzeslage rund zehnmal häufiger als bisher für die Pauschale ausrücken müssen. Schneebeseitigung-Moczynski nimmt Aufträge nur noch für Mitte und Charlottenburg (180 - 280 Euro) an. Auch die Winterdienst-Gesellschaft Neukölln macht nur Verträge für den Südosten der Stadt (zirka 350 Euro).