Senat

Schreibtischräumen mit links

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Jens Anker

Zehn Jahre lang hat die Linkspartei in Berlin als kleinerer Koalitionspartner der SPD die Stadt mitregiert. Jetzt verlässt sie die Regierung. Die drei Senatoren der Partei werden aber weiter politisch arbeiten, alle drei haben Mandate im Abgeordnetenhaus erworben.

Wirtschaftssenator Harald Wolf will sich künftig um die Zukunft der Energienetze kümmern, Sozialsenatorin Carola Bluhm geht in den Hauptausschuss, und Umweltsenatorin Katrin Lompscher wechselt von der Regierungsbank in den Ausschuss für Stadtentwicklung. Für die 49-jährige Lompscher wird das eine Premiere sein. Sie saß bislang nicht im Abgeordnetenhaus, zwischen 1996 und 2001 war sie allerdings wissenschaftliche Mitarbeiterin der damaligen PDS-Fraktion.

"Ich bereue keine Sekunde"

In der Wirtschaftsverwaltung wird bereits aufgeräumt. Vor dem Haus steht ein Lieferwagen, in den großformatige Bilder eingeladen werden. Senator Harald Wolf blickt aus dem Fenster und zieht Bilanz. Es fällt ihm nicht schwer, das Amt zu verlassen. Als er 2002 seinem Vorgänger Gregor Gysi als Chef der Wirtschaftsverwaltung folgte, rechnete niemand damit, dass er so lange im Amt bleiben würde. "Jetzt bin ich der dienstälteste Wirtschaftsminister Deutschlands", sagt er. Die Kollegen aus den anderen Bundesländern kamen erst später ins Amt. Auf die Jahre als Senator blickt Wolf zufrieden zurück. In seine Amtszeit fiel die Entscheidung, für die Berliner Wirtschaft besonders zukunftsträchtige Bereiche zu definieren und gezielt zu fördern. Auch die Neuordnung der Wirtschaftsförderung mit Berlin Partner als zentraler Anlaufstelle zählt Wolf zu seinen Verdiensten, die weiter wirken werden. "Für die strategische Ausrichtung der Wirtschaftspolitik gibt es einen breiten Konsens", sagt Wolf.

Einen breiten Konsens hatte auch Sozialsenatorin Carola Bluhm bei der Kontrolle der sozialen Träger erreichen wollen. Aber die Situation im Sozialbereich ist verflochtener und komplizierter. Bluhm ist die Senatorin der Linkspartei, die am kürzesten im Amt war. Zwei Jahre lang stand sie der Behörde vor. Sie hatte Heidi Knake-Werner als Sozialsenatorin abgelöst. "Ich bereue keine Sekunde", sagt Bluhm, die davor Fraktionschefin ihrer Partei im Abgeordnetenhaus war. Künftig will sie sich um den Haushalt kümmern. "Da läuft am Ende alles zusammen", sagt die scheidende Senatorin. Sie räumt ein, die Aufgabe als Senatorin anfangs ein wenig unterschätzt zu haben. "Ich dachte, ich könnte vielleicht am Abend mal ins Theater gehen", sagt Bluhm. Doch daraus wurde nichts. Erst im Job sei ihr bewusst geworden, dass das Soziale ein "unfassbar großes Ressort" ist. Vier Milliarden Euro gibt das Land jährlich für soziale Zwecke aus. Nicht immer unumstritten. In die Amtszeit Bluhms fiel der Treberhilfe-Skandal, der eine grundsätzliche Diskussion über die Kontrolle der freien Träger im Sozialbereich auslöste. Es sei erstaunlich, wie ausgeprägt die "verfestigte Ablehnung von Transparenz" bei vielen sozialen Trägern sei, so Bluhm. Es sei nicht möglich gewesen, die Entwicklung der Gehälter von Sozialarbeitern im Vergleich zum Führungspersonal nachzuvollziehen.

Das Ringen um die öffentliche Kontrolle der Sozialausgaben sei noch lange nicht beendet. Es gehe darum, dass der Staat die Handlungshoheit zurückgewinne und Fehlentwicklungen wie im Fall der Treberhilfe rechtzeitig erkennen könne. Bluhm sorgte dafür, dass die Vergabe der rund 28 Millionen Euro an 320 Sozialprojekte, die bislang von den Wohlfahrtsverbänden verteilt wurden, wieder in Landesregie stattfindet.

Katrin Lompscher ist wohl diejenige Senatorin der Linkspartei, die in den vergangenen fünf Jahren am meisten im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand. Wenige Wochen nach Amtsantritt im Jahr 2006 rollte der erste Gammelfleischskandal über die Stadt. Es folgten die Auseinandersetzungen um die Einführung der Umweltzone und das Nichtraucherschutzgesetz. Vor zwei Jahren beschäftigte die drohende Schweinegrippe zudem ihre Verwaltung. Lompscher hält ihr neues Ressort - Gesundheit, Umwelt, Verbraucherschutz - für eine gelungene Kombination. "Es hat sich bewährt, dass Themen der Lebensqualität und des Verbraucherschutzes unter einem Dach bearbeitet werden", sagt Lompscher. Auch im Klimaschutz sieht sie Erfolge. Als sie vor fünf Jahren anfing, plante Vattenfall noch den Bau eines riesigen Steinkohlekraftwerkes in der Stadt. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Stattdessen unterzeichnete sie mit zahlreichen Unternehmen - darunter auch Vattenfall - eine Klimaschutzvereinbahrung zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes. Das mehrfach vom rot-roten Senat angekündigte Klimaschutzgesetz kam nicht zustande.

Alle drei Senatoren geben Fehler zu. Das Wahlergebnis fiel im Vergleich zur Wahl 2006 für die Linkspartei noch einmal schlechter aus. Mit 11,7 Prozent der Stimmen verlor die Partei noch einmal knapp zwei Prozent. Die Wähler hätten eine klare Erwartung an die Linke gehabt, die sie nicht erfüllen konnte, sagen die drei Senatoren übereinstimmend. Vor allem beim Thema der steigenden Mieten blieb die Partei hinter den Ansprüchen zurück. Die Linke hätte mit den Problemen offener umgehen sollen. "Manchmal kamen wir zu belehrend rüber", sagt Lompscher. Vor allem die SPD habe beim Thema Mieten ein Vorankommen blockiert. Hier werde die Linkspartei genau hinsehen, was die voraussichtliche Koalition von SPD und CDU in den kommenden Jahren erreicht, so die drei Senatoren.