Mängel

Millionenschäden bei der Planung des Großflughafens

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Gilbert Schomaker

Es ist das oberste Ziel der Flughafengesellschaft und des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD): Der neue Großflughafen BER Willy Brandt soll am 3. Juni nächsten Jahres eröffnet werden. "Der Termin steht", bekräftigte am Dienstag noch einmal Flughafensprecher Leif Erichsen. Doch ein internes Gutachten listet nun die erheblichen Probleme und Kosten auf, die durch Planungsfehler und Zeitverzug entstehen - mit Risiken in Millionenhöhe.

Eigentlich sollte der neue Flughafen am 30. Oktober dieses Jahres eröffnet werden. Doch nach neuen Sicherheitsanforderungen und der Pleite eines Planungsbüros hatte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft beschlossen, die Eröffnung um sieben Monate zu verschieben. Zuvor hatten zahlreiche Firmen immer neue Rechnungen gestellt. Oft wurden dafür Gründe angegeben, die aus Fehlleistungen des Generalplaners, der Planungsgesellschaft bbi, resultierten.

Nun geht es um die Kosten für die Terminverschiebung.

Der Morgenpost liegt ein Gutachten von Ende 2010 "zu Schäden durch die Planungsgemeinschaft bbi" vor, das ein vereidigter Sachverständiger im Auftrag der Flughafengesellschaft erstellt hat. Detailliert untersucht der Ingenieur Hermann Kraft einzelne Planungsleistungen zum Terminal. Immer wieder kommt er zu dem Schluss, dass durch Fehler der Planungsgemeinschaft bbi der eigentliche Bauverzug bei elf Monaten liegt. Weil die Verschiebung der Eröffnung aber nur sieben Monate dauern darf, ist eine Beschleunigung der Arbeiten um vier Monate notwendig. Deswegen müssen beispielsweise zusätzliche Baustelleneinrichtungen vorgehalten werden - Kosten 275 000 Euro. Materialpreiserhöhungen und Lohnerhöhungen schlagen mit einem Schaden von 2,08 Millionen Euro zu Buche. Mehr als fünf Millionen Euro kostet die Beschleunigungsvergütung. Eine eigens eingerichtet Task-Force-Gruppe zur Beschleunigung des Bauvorhabens kostet 1,4 Millionen Euro. Andere Arbeiten wie etwa ein 3-D-Modell für die Planungen wurden laut Gutachter von der Planungsgesellschaft bbi nur als zweidimensionale Pläne übergeben.

Den schon entstandenen Schaden bezifferte der Sachverständige Ende 2010 auf 24 Millionen Euro. Aber damit nicht genug. "Es ist davon auszugehen, dass mit dem fortlaufenden Projekt weitere Themen aufbereitet und weitere Schäden in Form eines Gutachtens aufbereitet werden müssen", heißt es in der Untersuchung. So existiert bereits ein weiteres Gutachten, das wegen Bauablaufstörungen bei den Rohrbauarbeiten Mehrforderungen von "ca. 19,0 Millionen Euro" geltend macht. Laut Gutachten gab es beispielsweise bei Bohrpfählen "Ausschreibungsfehler" der Planungsgesellschaft bbi. Das führte letztlich dazu, dass aufgrund mangelhaft kalkulierter Mengen eine Rechnung von 87 000 Euro bezahlt werden musste, obwohl "die Leistungen nicht zur Ausführung kommen und nie gekommen wären", so der Gutachter.

Ein anderes Beispiel betrifft den Estrich. Weil Schutzplatten über Monate vorgehalten werden musste, "wäre nach erster baubetrieblicher Einschätzung auf Basis der vorliegenden Unterlagen ein prognostizierter Schaden von ca. 400 000 Euro anzusetzen".

Probleme gibt es auch bei den Kühldecken, die im Sommer das Terminal mit kalter Luft von der Decke her versorgen sollen. Weil die Kühlplatten aufgrund technischer Schwierigkeiten in bestimmten Bereichen nicht direkt an die Decke angebracht werden können, müssen sie nun an Gewindestangen angeschraubt werden. Das war aber laut Ausschreibung so nicht geplant und führt zu Mehrkosten von 800 000 Euro. "Bei einer ordnungsgemäßen Planung und Koordination der Leistungen wäre ein zusätzliche Unterkonstruktion zur Montage der Kühlerdecken nicht erforderlich", heißt es in dem Bericht.

"Nach bisher untersuchten und den zusätzlich prognostizierten Schäden ergibt sich so ein voraussichtlicher Gesamtschaden in Höhe von rund 52,9 Millionen Euro für die Flughafengesellschaft", so das Gutachten - Stand 22.12.2010.

Schon seit Monaten rechnet die Flughafengesellschaft intern mit Schäden von 62 Millionen Euro, die sie der Planungsgesellschaft bbi in Rechnung stellen will. Ein Teil davon könnte über Versicherungen aufgefangen werden. Die Flughafengesellschaft will so die Kostenobergrenze von 2,4 Milliarden Euro einhalten. Ob die finanziellen Schäden durch den Bauverzug und die Beschleunigung aber wie beabsichtigt von den Vertragspartnern der Flughafengesellschaft übernommen werden, ist unklar. Juristische Auseinandersetzungen sind wahrscheinlich. "Das Gutachten dient in diesem Sinne dazu, fachliche und juristische Fragen zu beantworten", sagte Flughafensprecher Leif Erichsen. In der Untersuchung findet sich auch die Anmerkung, dass aufgrund zusätzlich prognostizierter Schäden vermutlich in jedem der untersuchten Jahre 2008/09/10 die Versicherungssumme überschritten wird. Die Planungsgemeinschaft bbi äußerte sich am Dienstag zu dem Gutachten nicht.

"Es ist davon auszugehen, dass mit dem fortlaufenden Projekt weitere Schäden aufbereitet werden müssen"

Aus dem Gutachten über den Bau des BER