Allerdings nur auf Widerruf. Zunächst bis Oktober soll das abgespeckte Fährangebot weiter bestehen. Was in der nächsten Sommersaison sein wird, ist völlig offen. Wie berichtet hatte die Fährmanns-Familie Burchardi die Konzession für die Personenfähre zu den Inseln Ende 2010 zurückgegeben, weil der tägliche Betrieb ein Zuschussgeschäft war. Seit Jahren musste die Odin IV mit Erträgen aus der ebenfalls von den Burchardis betriebenen Autofähre Tegelort-Hakenfelde subventioniert werden. Der jährliche Verlust lag nach Angaben von Seniorchef Wolfgang Burchardi bei 50 000 bis 60 000 Euro.
Lange Fährmanns-Tradition
Der 75-Jährige schippert seit Jahrzehnten über den Tegeler See und die Oberhavel. 1968 war er es, der die ehedem getrennten Fährlinien nach Maienwerder und Valentinswerder zu einer Route zusammenlegte. Dass die Odin IV einstweilen wieder fährt, hat auch mit dieser langen Tradition zu tun. "Natürlich fühle ich mich verantwortlich", sagt Burchardi. "Wenn es sein muss, fahre ich deshalb auch selber." An den Wochenenden sei das Schiff mit Ausflüglern und Touristen so gut ausgelastet, dass sich der Betrieb lohne. Für den defizitären, täglichen Betrieb reiche purer Idealismus aber nicht. Diesel- und Personalkosten seien gestiegen, die Auslastung liege an manchen Tagen aber nur bei zehn Prozent der Wochenendwerte. Burchardi hofft deshalb auf Unterstützung durch die Politik, um die Traditionsfähre weiter betreiben zu können. "Sonst stirbt wieder ein Stück Nostalgie in Berlin", sagt er.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist mit dem Thema befasst, allerdings bislang ohne Ergebnis, wie Behördensprecherin Petra Rohland bestätigt. Man habe bereits versucht, das finanzielle Minus der Fährlinie zu senken. Das Land würde dafür dem Vernehmen nach wohl auf die jährliche Pacht verzichten und einer Erhöhung der Fahrpreise zustimmen. Der Pachtverzicht - laut Burchardi geht es pro Jahr lediglich um einen dreistelligen Betrag - würde den Verlust aber nicht annähernd decken. Und eine Erhöhung der Fahrpreise dürfte nach Einschätzung des Fährmanns auch nur moderat ausfallen, weil sonst die Fahrgäste vergrault würden. Fazit: Ohne finanzielle Unterstützung endet die Ära der Odin IV im Herbst 2011 wohl endgültig.
Die Insulaner auf Valentinswerder und Maienwerder haben deshalb schon längst zur Selbsthilfe gegriffen. Die rund 100 Bewohner von Maienwerder erreichen den Anleger Saatwinkel seit dem Frühjahr mit einem eigens angemieteten Boot. Inselwart Frank Liere hat seit dem 1. Mai eine Festanstellung als Fährmann und bringt seine Mit-Insulaner mehrmals täglich zum Festland und zurück. Auf Valentinswerder ist es Inselgärtner Gerd Kosewsky, der am Ruder der kleinen und etwa 50 Jahre alten Fähre Odin I steht und wochentags nach Tegelort und zur Havelspitze in Spandau schippert. Weitere Fährleute - teils Rentner mit Sportbootführerschein - werden rekrutiert, um auf Minijob-Basis das Angebot weiter auszubauen. Inselwart Andreas Reuter will bestenfalls im kommenden Jahr wieder einen stabilen Betrieb anbieten, dann auch wieder für Touristen und Ausflügler.
Denn einen Haken hat die Sache noch. Bislang fahren die Selbsthilfe-Fähren nur für die Inselbewohner. Ohne Fährkonzession, für die ein Binnenschiffer-Patent nötig ist, gelten sie zudem formal als Sportboote und dürfen maximal elf Menschen transportieren. Inselwart Reuter hat deshalb einen kühnen Plan: Er plant eine eigene, brandneue Fähre, die auch wintertauglich sein soll. Kontakt zur Technischen Universität (TU) gibt es schon. Schiffbau-Studenten sollen einen Mini-Eisbrecher für Valentinswerder entwerfen. Ob der Bau am Ende auch finanziert werden kann, ist offen.
Bis dahin bleibt Berlinern und Touristen, die einen Ausflug auf eine der idyllischen Havelinseln planen, in diesem Sommer noch die Odin IV mit ihren etwa 50 Plätzen samt Fahrradmitnahmemöglichkeit. Sie fährt bis Oktober an Wochenenden und Feiertagen stündlich von 8.50 bis 20.10 Uhr zwischen Tegelort, Valentinswerder, Maienwerder, Saatwinkel und Havelspitze. Informationen im Internet unter www.faehre-berlin.de