"Allein in der Berliner Trägerschaft wird sie sich auf Dauer nicht gut weiterentwickeln können", sagte die Ministerin in einem Interview mit der Tageszeitung "Zeit". Als hoch anerkannte medizinische Forschungs- und Lehreinrichtung sei die Charité ein geeigneter Kandidat für neue Formen der Kooperation zwischen Bund und Ländern, so Schavan.
Schon vor Monaten sprach sich die Ministerin in einem Interview in der Berliner Morgenpost dafür aus, aus dem Uniklinikum eine vom Bund finanzierte Universität zu machen. Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) zeigt sich angetan von der Idee. Eine solche Chance dürfe und könne sich die Hauptstadt nicht entgehen lassen, könnten Bund und Land doch eine neue Institution schaffen, die Harvard oder Stanford Konkurrenz machten.
Charité plus Max-Delbrück-Centrum
Doch wie soll sie aussehen, diese Bundesuni? Zöllner schwebt die Schaffung einer neuen Institution vor, an der sich Bund und Land beteiligen. Die Charité und das in Berlin-Buch ansässige Max-Delbrück-Centrum (MDC) sollten unter dem Etikett Bundesuni vereint werden.
Aus beiden Einrichtungen kommt das Signal, dass man über eine solche Entscheidung höchst erfreut wäre. Schon jetzt kooperieren Charité und MDC sehr eng miteinander. Klinische Forschung auf der einen Seite, Grundlagenforschung auf der anderen. In enger Zusammenarbeit, so heißt es aus beiden Häusern, seien die Ergebnisse der Grundlagenforschung am Krankenbett in die Praxis umsetzbar. Laut Zöllner werde das langfristig auch Charité-Patienten und Beschäftigten nützen.
Ähnlich hoch angesehen wie das Uniklinikum und weltweit für Spitzenforschung bekannt, ist auch das vom Bund finanzierte MDC. Die Forschungseinrichtung zählt weltweit zu den führenden Instituten im Bereich Molekularbiologie und Genetik. Würde die bereits enge Zusammenarbeit noch erweitert, so bekämen laut Zöllner auch die Wissenschaftler des MDC ein größeres Forschungsfeld und breiteren Zugang zur Praxis.
Doch natürlich geht es auch um Geld. Insofern könnte die Idee der Bundesbildungsministerin das dringlichste Problem der Charité lösen. Das Uniklinikum leidet seit Jahren unter der klammen Haushaltslage Berlins. 180 Millionen Euro erhält sie jährlich vom Senat, in diesem Jahr wurden 330 Millionen Euro bewilligt, damit die Charité in ihre marode Infrastruktur investieren kann. Laut Charité-Chef Karl Max Einhäupl reichen diese Summen aber nicht. Er betonte mehrfach, dass das Uniklinikum jährlich mehrere Hundert Millionen Euro benötige, um Spitzenmedizin, Patientenversorgung und eine angemessene Vergütung seiner Beschäftigten zu gewährleisten. "Über zwei unabhängige Finanzierungsquellen könnte die Charité viel besser gefördert werden", sagt Zöllner. Der Bund habe ganz andere Möglichkeiten als das Land Berlin.
Realisierung bis 2017 möglich
Spätestens 2017 könnte Schavans Vorschlag konkret werden, dann läuft die Exzellenzinitiative aus - mit dieser Initiative fördern derzeit Bund und Länder herausragende Forschung an Universitäten. Senator Zöllner hingegen fordert, dass die Diskussion jetzt beginnt. "Wir müssen schnellstmöglich über das Modell diskutieren, damit es 2017 umgesetzt ist", sagt er. Auf Bundesebene kritisiert die SPD allerdings den Vorschlag. "Diese Idee ist ein irritierender Testballon", sagte der Bundestagsabgeordnete Swen Schulz. Schavan solle ein Konzept vorlegen, dann erst könne die Diskussion fortgeführt werden.
Viele Berliner Abgeordnete äußerten sich ähnlich euphorisch wie Zöllner. "Die Charité als Bundesuniversität wäre eine sinnvolle Strukturentscheidung, um mittels Bundeshilfe den Investitionsstau von etwa 1,6 Milliarden Euro abzubauen", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. Die Charité könne damit als Motor der für Berlin so wichtigen Gesundheitswirtschaft weitaus besser fungieren als heute.
"Für den Wissenschaftsstandort Berlin ist die Idee sehr gut, denn das bedeutet, dass die Charité mehr Geld für Forschung und Lehre bekommt und ihre Spitzenforschung verbessern kann", lobte auch Anja Schillhaneck, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Allerdings dürfe die Patientenversorgung nicht vernachlässigt werden. CDU-Chef Frank Henkel regte in diesem Zusammenhang an, die Kooperation zwischen Vivantes und Charité fortzuführen, um die Krankenhausversorgung in Berlin auf hohem Niveau zu halten.