Dort kann man nachempfinden, wie das Fest für die Menschen war, die aus der DDR nach Westdeutschland geflüchtet waren. Die dabei alles ihnen Bekannte zurücklassen mussten. Und wie sich die Menschen fühlten, die eben nicht im vertrauten Umfeld das Weihnachtsfest begehen konnten.
Nach dem Verlassen der DDR waren viele der Flüchtlinge gezwungen, erst einmal in Lagern wie dem in Marienfelde zu leben. Diese provisorischen Unterkünfte boten wenig bis gar keine Privatsphäre. Auch von diesem Gefühl erzählt die Ausstellung.
Hochzeit im Lager
Der zentrale Ort der Ausstellung ist ein fast zwei Meter hoher und knapp sieben Meter langer Kubus, mitten im Ausstellungsraum. An den Seiten und Ecken sind die Geschichten von den zahlreichen Menschen angebracht, in deren persönlichen Weihnachtsgeschichten die Flucht aus der DDR in den Westen und der damit verbundene Aufenthalt in einem der Aufnahmelager eine zentrale Rolle spielt.
Die Ausstellungsstücke, zum Teil sind es Kleinigkeiten, die gerade eben noch auf die Flucht mitgenommen werden konnten, sollen dem Besucher eine besondere Nähe zu den Geschichten der Flüchtlinge vermitteln. Darunter sind auch die Eheringe von Gerhard Schmale und seiner Frau Ilse. Das Paar hatte sich in der DDR-Haftanstalt Waldheim kennengelernt. Nach ihrer Entlassung flohen sie im Jahr 1957. Sie verlobten sich und heirateten dann später im Aufnahmelager in Marienfelde. Solche Geschichten sind es, die in der Ausstellung in drei Kapiteln erzählt werden.
Dabei befasst sich das erste Kapitel mit der Zeit vor der Flucht, mit dem letzten Weihnachtfest in der DDR. Für viele, die schon wussten, dass sie in den Westen fliehen würden, war das letzte Weihnachten in der DDR auch eine Art Abschiedsfest von ihren Freunden, der Familie und von ihrem alten Leben.
Im zweiten Abschnitt können die Besucher erfahren, wie die Weihnachtsfeiern für all diejenigen waren, die die Festtage im der Notaufnahmelager verbringen mussten. In einer derart provisorischen Atmosphäre feiern zu müssen, im Unklaren darüber, wie die Zukunft aussehen wird, war für viele der Flüchtlinge eine besondere Belastung.
Im Zentrum des dritten Kapitels der Ausstellung steht dann der Neuanfang der Flüchtlinge. Es zeigt das erste Weihnachten nach dem Beginn des neuen Lebens in Westdeutschland. Dort, wo sich die Menschen eine vertraute Umgebung erst einmal aufbauen mussten. Es sind Eindrücke, die von Hoffnung und Heimweh erzählen, von der Sehnsucht nach der Familie, vom Glück, die Flucht in den Westen geschafft zu haben, und vom Hoffen auf eine bessere Zukunft.
Neben Bildern, Beschreibungen und Gegenständen von Betroffenen gibt es auch einen Film zu sehen, der von einer Flüchtlingsfamilie mit einer Schmalfilmkamera gedreht wurde. Er dokumentiert sowohl die Schwierigkeiten während der Integration der Familie im Westen sowie ihren unbedingten Willen, in der neuen Heimat ein neues Leben zu beginnen, und sich das verlorene, das vertraute Umfeld neu aufzubauen.
"Wir wollten nicht einfach nur Bilder und Texte an die Wände hängen", sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter der Erinnerungsstätte und Mitkurator der Ausstellung, Enrico Heizer. "Wir zeigen auch Gegenstände aus dem Leben der Betroffenen. Das können auch schon mal ganz kleine Dinge mit großer Bedeutung sein, wie zum Beispiel die Eheringe des Ehepaares Schmale."
"Weihnachten W. Germany - DDR-Flucht und Neuanfang", Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Marienfelder Allee 66/80. Die Ausstellung ist bis 7. Januar 2011 zu sehen. Geöffnet: Dienstag bis Donnerstag, 10-18 Uhr. 24. und 25. Dezember geschlossen.