Polizeipräsident Dieter Glietsch ist unter scharfe Kritik der Opposition von Grünen und FDP geraten: Sie griff ihn gestern im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses wegen seiner Informationspolitik zum mutmaßlichen Polizeiübergriff bei der "Freiheit statt Angst"-Demonstration Mitte September an.
Erst nach mehrmaligem Nachfragen des Innen- und Rechtspolitikers der Grünen, Dirk Behrendt, räumte Glietsch ein, eine Unterlassungserklärung zu den Vorfällen abgegeben zu haben. Er darf nun nicht mehr behaupten, der Demonstrant, der von Polizeibeamten geschlagen worden sein soll, sei durch Stören aufgefallen.
Zum Fall wollte Glietsch daher gestern im Parlamentsausschuss keine Stellungnahme mehr abgeben. Behrendt sprach von einem "Lügengebäude", das nun zusammenbreche. Der FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo sagte: "Diese Informationspolitik ist nicht ärgerlich, sondern irreführend." Offenbar habe Glietsch nicht die Wahrheit über den Verlauf der Demonstration gesagt, mutmaßen Grüne und FDP.
Bei der Demonstration gegen Datenspeicherung war ein 37-Jähriger nach mehreren Platzverweisen von Polizisten unter Gewaltanwendung festgenommen worden. Auf einem Video war zu sehen, dass sie auf ihn einprügelten. Der Mann, der ein Fahrrad zur Blockade gegen die Beamten einsetzte, habe mehrfach gestört, hieß es von der Polizei. Auch Glietsch machte sich diese Darstellung im Innenausschuss zu eigen.
Gegen zwei Beamte wurde allerdings kurz danach Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt. Die Ermittlungen laufen noch. Bis zum Ergebnis werde man keine weiteren Äußerungen mehr tätigen, kündigte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) an. "Wir sind gut beraten, die endgültige Klärung abzuwarten", sagte der Senator.
Die beiden Polizisten sind nicht suspendiert, sondern in den Innendienst versetzt worden. Der 37-Jährige erhielt eine Anzeige wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte.