Haushalt

Berlin hat 146 Millionen Euro nicht verbaut

| Lesedauer: 4 Minuten
Christina Brüning

Im vergangenen Jahr hat Berlin Baumittel in Höhe von 146,2 Millionen Euro nicht ausgeschöpft. Von den für Hoch- und Tiefbaumaßnahmen insgesamt eingeplanten 419,5 Millionen Euro hat das Land damit nur 65 Prozent verwendet, wie aus einem Bericht der Senatsverwaltung für Finanzen hervorgeht, der am Mittwoch im Hauptausschuss Thema war.

Wie dem Bericht zu entnehmen ist, haben allein die Bezirke nur knapp 60 Prozent ihrer für das vergangene Jahr geplanten Bauinvestitionen getätigt, 40 Millionen Euro blieben liegen. Von den Mitteln aus dem Konjunkturpaket II wurden 46 Millionen nicht ausgeschöpft, bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sind 63 Millionen Euro an Baumitteln nicht wie geplant abgeflossen.

Es sei jedes Jahr dasselbe Spiel, sagte Oliver Schruoffeneger (Grüne) im Haushaltsausschuss. "Am Ende des Jahres stellen wir fest, dass die Hälfte des Ansatzes nicht ausgegeben wurde - wie kommen wir von diesem Phänomen denn mal weg?" Schruoffeneger kritisierte, es würden keine Gegenmaßnahmen getroffen. Von den Gründen, die von der Verwaltung für die Nichtausschöpfung der Gelder angegeben wurden, seien "viele nicht objektiv nachvollziehbar".

Bei auffallend vielen Projekten werden etwa Planungsschwierigkeiten als Grund für die Verzögerungen im Bauablauf genannt. So blieben 750 000 Euro für den Ausbau der Landsberger Chaussee bis zur Landesgrenze Hönow liegen, weil Berlin auf Planungsabstimmungen aus Brandenburg warten musste. 420 000 Euro für den Umbau der Prenzlauer Promenade konnten aufgrund von "fehlendem Planungsrecht" nicht ausgegeben werden. Und bei der Sanierung der Wasserleitungen im Friedrichstadtpalast ist es zu Rückständen gekommen, weil der Betriebsablauf des Revuetheaters nicht eingeplant war - 264 000 Euro wurden deshalb nicht abgerufen. Bei solchen Planungsmängeln musste auch Staatssekretärin Iris Spranger (SPD) Handlungsbedarf einräumen. "Wenn Planungsunterlagen noch nicht vorliegen, sollte man mit der Veranschlagung und Freigabe von Mitteln vorsichtiger sein", sagte Spranger.

Insgesamt fast 20 Millionen Euro liegen gebliebener Mittel werden dagegen mit der Witterung begründet. Da heißt es dann, es sei zu "witterungsbedingten Verzögerungen" gekommen. So konnte etwa die Sanierung der Justizvollzugsanstalt Tegel und des Olympiaparks darum nicht wie geplant ablaufen, und auch die Baumaßnahmen an der Charité litten im vergangenen Jahr offenbar unter dem Wetter. Die Nachfrage der Opposition, was unter dieser Art von Verzögerung zu verstehen sei, konnte von der Verwaltung nicht beantwortet werden. "Im Herbst hat es zu viel geregnet, und im Winter war es zu kalt", scherzte Jochen Esser, Haushaltssprecher der Grünen-Fraktion.

Die CDU störte sich vor allem an der Unterausschöpfung von etwa 40 Millionen Euro durch die Bezirke. Sieben Millionen Euro davon sind laut Bericht statt für Baumaßnahmen für Haushaltskonsolidierung ausgegeben worden. "Da quäken alle, dass die Straßen Löcher haben und dass die Bezirke nicht klarkommen, und dann stopfen die mit Baugeldern ihr Haushaltsloch", sagte Michael Wegner (CDU).

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja sagte der Berliner Morgenpost, Berlin könne es sich nicht erlauben, 40 Millionen "einfach liegen zu lassen und auf der anderen Seite passiv zuzuschauen, wie die Bildungseinrichtungen auf baulichen Verschleiß gefahren werden." Das sei verantwortungslos und gleichgültig zugleich.

Spranger wies die Kritik an der Umwidmung der Mittel in den Bezirken zurück. Der Vorgang sei üblich und dem Ausschuss durchaus bekannt, sagte sie. Die aufgeschobenen Baumaßnahmen würden in der Investitionsplanung fortgeschrieben. Zu Budgetüberschreitungen sei es dadurch selten gekommen, hieß es.

Scharfe Kritik äußerte auch die Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg. Die Summe von 146 Millionen Euro Nichtausschöpfung sei "unerträglich hoch", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Wolf Burkhard Wenkel, der Morgenpost. Er warf der Verwaltung Interesselosigkeit vor. Die zuständigen Ämter würden sich nicht rechtzeitig um Alternativplanungen kümmern, wenn Verzögerungen absehbar seien, kritisierte Wenkel. "Hier werden wichtige Investitionen nicht getätigt - zulasten der Infrastruktur, der Bürger und der Wirtschaft."

"Im Herbst hat es zu viel geregnet und im Winter war es zu kalt"

Jochen Esser, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion