Rekommunalisierung

Der Wirtschaftssenator und seine riskante Strategie

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Christina Brüning und Gilbert Schomaker

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) ist sich seiner Sache sicher: "So wie bisher, geht es nicht mehr weiter." Das hätten auch die privaten Anteilseigner an den Berliner Wasserbetrieben erkannt. Nach der Senatssitzung legte Wolf seine Strategie zum Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe dar. Eine Strategie mit Risiko.

In einem ersten Schritt will Wolf mit einem der beiden privaten Investor verhandeln, mit RWE. Das Unternehmen ist offenbar bereit, über seinen Anteil von 24,9 Prozent an den Wasserbetrieben zu reden. Die Verhandlungen über einen Rückkauf der Anteile führen Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und Wolf. Doch wo soll das Geld dafür herkommen? "Der Finanzsenator hat offenbar keine Reserven in einem Tresor. Also brauchen wir Kredite", sagte Wolf. Im Moment seien kommunale Kredite sehr günstig. So günstig, dass aufgrund der hohen Umsatzrendite der Wasserbetriebe - die bei 24 Prozent liegt -nun aus den Gewinnen sowohl die Kredite bedient werden als auch die Wasserpreise gesenkt werden können. So die Rechnung des Wirtschaftssenators. Allerdings gibt es da einige Risiken. So ist bisher unklar, welchen Preis RWE für seine Anteile verlangt. Noch in diesem Monat will das Unternehmen dem Senat Zahlen vorlegen. Dass das Geschäft nicht billig wird, davon gehen Wirtschaftsexperten aus. Beim Kauf der Anteile zahlten die privaten Investoren Veolia und RWE vor zehn Jahren jeweils zur Hälfte die 1,69 Milliarden Euro. RWE könnte also 845 Millionen Euro für seine Anteile verlangen. Das Unternehmen wird aber pokern. Denn die Verträge, die eine sichere Rendite versprechen, laufen bis 2028. Hinzu kommt, dass die Berliner Wasserbetriebe in den vergangenen zehn Jahren viel Personal abgebaut haben und wesentlich effizienter und damit wertvoller geworden sind.

Daneben setzt Wolf auf das Bundeskartellamt. Der Wirtschaftssenator hatte die Kontrollbehörde eingeschaltet, um die Wasserpreise zu überprüfen. Denn das Kartellamt darf bei überhöhten Berechnungen eingreifen und zwangsweise eine Senkung der Wassergebühren veranlassen. Ein Ergebnis wird für den Sommer erwartet. "Niedrigere Preise senken auch den Wert des Unternehmens", sagte Wolf. Dann müsste das Land auch einen geringeren Kaufpreis zahlen. Allerdings wären dann auch die Gewinne geringer, mit denen die Kredite und die Preissenkungen bezahlt werden können. Angesprochen auf den möglichen Zeitdruck wegen der anstehenden Abgeordnetenhauswahl sagte Wolf: "Einen politischen Preis mit zu hohen Kosten werden wir nicht zahlen."

Die Opposition traut dieser Aussage jedoch nicht. Das Verkaufsangebot von RWE laufe bereits zu Juli wieder aus, so Grünen-Finanzexperte Jochen Esser. "RWE will verkaufen, bevor die Bombe vom Kartellamt explodiert." Wie der Senat vor diesem Hintergrund mit dem Unternehmen verhandeln wolle, sei unverständlich. Esser fordert deshalb, Wolf müsse die Fakten auf den Tisch legen: "Auch hier brauchen wir Transparenz: Wie sieht das RWE-Angebot aus? Wie könnten damit Gebühren gesenkt werden? Und wie sehen die Finanzierungspläne eines Kaufs aus?" Esser befürchtet, Wolf wolle mit den Verkaufsverhandlungen nur im Wahlkampf punkten. "Diese Rekommunalisierungspläne sind noch sehr vage und undurchsichtig." Auch nütze es dem Land wenig, nur die RWE-Anteile aufzukaufen. Denn es gibt noch einen zweiten Anteilseigner: das Unternehmen Veolia und das ist nicht zum Verkauf seiner Anteile bereit.

Die FDP sieht die Kreditstrategie von Senator Wolf kritisch. "Auch günstige kommunale Kredite haben für das Land einen Haken", sagte FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Sollen die die Zinsen niedrig bleiben, sei die Laufzeit lang. Stiegen die Zinsen nach und nach an, überlasse man es der nächsten Generation, die Zeche für den Rückkauf der Wasserbetriebe zu zahlen.