Das Ende von Legislaturperioden schreit geradezu danach, Bilanzen zu ziehen. Welche Aufsteiger und Absteiger gibt es in den einzelnen Abgeordnetenhausfraktionen? Wer hat sich besonders profiliert, wer ist blass und unscheinbar geblieben? Der Rahmen dieser Kolumne würde gesprengt werden, würde man alle im Preußischen Landtag vertretenen Parteien nach diesen Fragen durchdeklinieren. Daher picken wir uns heute einen aus der wackeren Abgeordnetenschar heraus: Ralf Hillenberg, Sozialdemokrat aus Pankow. Der gelernte Zimmermann und Geschäftsführer eines Ingenieurbüros zählt zweifellos zu den Gewinnern der letzten fünf Jahre.
Am Anfang schien es so, als würde er sich zum notorischen Rebellen entwickeln und wegen permanenter Quengeleien von der Parteispitze für immer und ewig auf die parlamentarische Hinterbank verbannt werden. Als selbst ernannter "Robin Hood der entrechteten Ossis" hatte er dem damaligen SPD-Landesvorsitzenden Peter Strieder mehr als einmal vorgeworfen, Genossen mit Ost-Biographie würden vorsätzlich von den Fleischtöpfen, sprich Senatoren- und Staatssekretärsposten, ferngehalten. Aus Verärgerung über die Tritte vors Schienbein sorgte der Parteichef dafür, dass Hillenberg in Pankow politisch einen Kopf kürzer gemacht wurde und das einflussreiche Amt des SPD-Kreisvorsitzenden verlor.
Doch vor gut zwei Jahren setzte beim Volksvertreter Hillenberg ein wundersamer Wandel ein, der die gesamte Persönlichkeit erfasste. Zuerst änderte er komplett sein Outfit. Aus der 80er-Jahre-Fönfrisur wurde ein zeitgemäßer Kurzhaarschnitt, die Brille wurde deutlich kleiner und vor allem randlos, und die von Farben und Stil eher exotisch anmutenden Anzüge wichen geschmackvoll-eleganter Garderobe. Sicher ein Verdienst seiner charmanten Lebensgefährtin. Die veränderte politische Prioritätensetzung hat sich Hillenberg dagegen selbst erarbeitet. Der einstige Fundamentalkritiker rüstete um auf praxisnahe Themen: Als Vorsitzender des Petitionsausschusses hat er in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, Hunderten Bürgern bei der Lösung ihrer Probleme mit der Berliner Verwaltung zu helfen. Er hat das ungeliebte Straßenausbaubeitragsgesetz ungeachtet aller Attacken der Opposition mit auf den Weg gebracht. Und die Schwarzarbeit auf dem Bau würde er am liebsten mit der Einführung von Chipkarten bekämpfen.
Den Lohn für diesen Wandel erntete Hillenberg jetzt bei seiner Party zum 50.Geburtstag im Ballhaus Pankow. Neben dem Regierenden Bürgermeister und dem SPD-Chef erschien der halbe Senat. Eine Ehre, die nur Hoffnungsträgern zuteil wird.
Karsten Hintzmann