Künstlerin entwirft europäische Klischees

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Isabell Jürgens

Verträumt blickt die junge Frau unter ihrer Baskenmütze hervor, in der Hand lässig eine Gauloises. Na klar, sie ist Französin. Die freundlich lächelnde blondbezopfte unter den Windmühlenflügeln mit dem Strauß Tulpen im Arm kommt -logisch - aus Holland. 17 Porträts von europäischen Frauen hat die Berliner Kommunikationsdesignerin Mareike Hölter fotografisch inszeniert und sich dabei der Vorurteile und Klischees bedient, die sie in ihrer Umgebung aufspürte.

"Ich habe 50 Bekannte und Verwandte gebeten, mir ihre Assoziationen zu europäischen Ländern in Stichworten aufzuschreiben", erläutert die Schönebergerin ihr Vorgehen. Aus diesen Stichworten wie etwa: "Sauna, Rentiere, Pisa-Studie, Nokia" für Finnland, hat sie ein stimmiges Bild einer Frau im Saunatuch vor einem Blockhaus mit Handy in der Hand komponiert. Erst auf den zweiten Blick sieht der Betrachter, daß sowohl die Finnin als auch die feurige Spanierin eine gewisse Ähnlichkeit mit der Engländerin im Tweedkostüm hat: Die Porträts zeigen alle ein und dieselbe Person - es sind Selbstporträts.

"In meiner Diplomarbeit an der Akademie für Gestaltung in Köln habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie man Vorurteile visualisieren kann", nennt Mareike Hölter den Ursprung ihrer Arbeit.

Ihren Beitrag hat sie auch an die Junge Akademie geschickt, die die Preisfrage gestellt hatte: "Welche Sprache spricht Europa?" Der Beitrag der jungen Berlinerin überzeugte die Jury, weil sie "gekonnt mit alltäglichen Platitüden spielt und einer allzu naiven Vorstellung vom kulturellen Reigen der Identitäten einen humorvollen Spiegel vorhält". Manchmal aber schmerzt das Klischee auch: So bei der Polin (Stichworte: "hübsch, billige Zigaretten, Wodka"), die als wasserstoffblondierte Bordsteinschwalbe in die Kamera lächelt. Und wie sieht die typische Deutsche aus? "Hausfrauenkittel, Sauerkraut, Genauigkeit", fiel den Befragten dazu ein. Und Mareike Hölter inszeniert sich im Putzkittel beim hingebungsvollen Polieren eines Mercedes-Sterns.

Neben einem Job sucht die 27Jährige derzeit auch einen Verlag für ihr Werk. Bisher nämlich ist es nur im Internet bei www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar zu finden oder in der Publikation: "Preisfrage 2004" (Hrsg.: Die Junge Akademie, erschienen im Berliner Wissenschafts-Verlag, 2005) öffentlich zugänglich.