"Es gab keine andere Möglichkeit, deswegen haben wir so entschieden, um Schaden vom Land Berlin abzuwenden", sagte Junge-Reyer gestern im Untersuchungsausschuss des Parlaments zum Verkauf des Spreedreiecks an der Friedrichstraße.
In der Sitzung zuvor hatte der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann die Verantwortung für die Erweiterung des Baus auf die Senatorin geschoben. Sie habe gegen seinen Willen den Plänen des Investors zugestimmt. Junge-Reyer hält den jetzt realisierten Bau mit zehn Geschossen für städtebaulich vertretbar - "unabhängig davon, ob sie den realisierten Entwurf persönlich favorisiert oder nicht."
Der Untersuchungsausschuss befand sich gestern mehrfach am Rande eines Eklats. Der sichtbar angestrengte Vorsitzende des Ausschusses, Andreas Köhler (SPD), fiel den Oppositionspolitikern regelmäßig ins Wort, wenn sie eine Frage an die Zeugen stellen wollten oder formulierte die Fragen gleich um. Die Sitzung wurde mehrfach unterbrochen, weil sich Oppositionspolitiker, wie der Grünen-Haushaltsexperte Jochen Esser, gegen die Einwürfe des Vorsitzenden und von SPD-Mitgliedern des Ausschusses verwehrten.
"Die Senatorin handelte entweder ahnungslos oder willkürlich", kritisierte Esser nach Ende der Sitzung. Junge-Reyer habe die rechtliche Situation eigenen Angaben zufolge nicht geprüft, als sie dem Investor zubilligte, 3000 Quadratmeter mehr Geschossfläche zu bauen. "Das ist grob fahrlässig." Die CDU ging noch weiter. "Bei der Begründung für ihr Handeln, dem Investor diese zusätzliche Geschossfläche ohne finanziellen Ausgleich zugestanden zu haben, hat sich Senatorin Junge-Reyer in erhebliche Widersprüche verstrickt", sagte der Sprecher der CDU im Untersuchungsausschuss, Florian Graf. Zudem habe sie unterschiedliche Angaben im Ausschuss und im Berliner Abgeordnetenhaus gemacht. "In diesem Land haben schon Minister wegen unbedeutenderer Verfehlungen ihren Posten geräumt", sagte Graf.
Das 2010 vollendete Bauvorhaben an der Friedrichstraße drohte während seiner zehnjährigen Planungsphase mehrfach zu scheitern. Der am 19. Dezember 2000 mit Investor Harm Müller-Spreer geschlossene Vertrag musste am 25. November 2004 nachgebessert werden. Zuvor hatte sich herausgestellt, dass ein Teil des verkauften Geländes gar nicht im Besitz des Landes war, sondern sich im Besitz der Bahn befand. Gleichzeitig zahlte das Land vier Millionen Euro an einen Nachbarn des Spreedreiecks, der gegen den Bau geklagt hatte. Müller-Spreer war ein Teil des Kaufpreises für das Grundstück rückerstattet worden.
Der Untersuchungsausschuss will im Juni seine Arbeit beenden. Dann haben die Parlamentarier bis zum November Zeit, einen Abschlussbericht vorzulegen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es mehrere Versionen geben wird. Die Beurteilung der Ermittlungsergebnisse zwischen SPD einerseits und CDU, Grünen und der FDP andererseits weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Zudem sind sich die Parlamentarier nicht darüber einig, wie hoch der Schaden für das Land tatsächlich ist.