Im Berliner Zoo ist erneut ein Großtier ausgebrochen - knapp zwei Monate nach dem Fluchtversuch eines Gorillas. Gestern überwand ein Bär die Mauer seines Geheges, ein Tierarzt fing ihn ein. Sicherheitsprobleme sieht der Zoo-Direktor nicht.
Im Berliner Zoo ist gestern Nachmittag ein Bär ausgebrochen. Der Brillenbär namens "Juan" war über die Mauer seines Freigeheges geklettert und zum benachbarten Kinderspielplatz geflüchtet. Das Tier konnte mit einem Schuss betäubt und in sein Gehege zurück gebracht werden. Der Zoo ist während des Ausbruchs nicht evakuiert worden, die Besucher sollen das Tier vielmehr neugierig beobachtet haben.
Wie Zoodirektor Jürgen Lange berichtet, hat der 110 Kilogramm schwere Brillenbär einen Ast ins Wasser geworfen, sich daran abgestützt und mit einer Tatze an einer Mauer hochgezogen. Die etwa zwei Meter hohe Mauer trennt das Gehege von einem Wassergraben. Dahinter beginnt der Besucherbereich.
Danach lief der 19 Jahre alte und damit ausgewachsene Bär, der aufgerichtet etwa zwei Meter misst, auf den Wegen herum bis zum Kinderspielplatz. Dort wurde "Juan" von dem alarmierten Tierarzt eingefangen.
Der Zoo wurde zwar nicht evakuiert, doch durften während des Vorfalls gegen 16.30 Uhr keine neuen Besucher mehr hinein. Unter den Gästen sei zu keinem Zeitpunkt Panik ausgebrochen. Auf die Frage, ob sie in Gefahr gewesen seien, sagte der Zoo- Direktor: "Schmusetiere sind Bären nicht gerade. Ich würde sie nicht in den Arm nehmen." Lange betonte, dass die Tiere von sich aus nicht aggressiv seien, sondern in Fällen wie gestern nur neugierig und nervös.
Fehler würden beim Zusammentreffen mit Menschen meist beide Seiten machen. Die aus Südamerika stammenden Brillenbären gelten als Einzelgänger. Sie sind Allesfresser, ernähren sich aber hauptsächlich von Pflanzen und Früchten.
Der Ausbruch des Tieres wirft erneut die Frage nach den Sicherheitsvorkehrungen im Berliner Zoo auf. Denn erst vor zwei Monaten, am 21. Juni, war dort das Gorilla-Männchen "Bokito" ausgebrochen - aber auch umgehend wieder eingefangen worden. Danach hatte der Zoo keine Veranlassung gesehen, die Gehege anderer gefährlicher Tierarten zu überprüfen.
Der 130 Kilo schwere "Bokito" war über eine rund drei Meter hohe Glaswand aus seinem Freigehege geklettert. Er hatte einem Tierpfleger, der ihn einfangen wollte, in die Hand gebissen und war an Paviangehege und Kinderspielplatz vorbei bis zur Zooschule gelaufen. Dort konnten ihn vier Pfleger stellen, ins nächstgelegene Revier drängen und betäuben. Auch damals war der Zoo nicht geräumt worden. Viele Besucher, so merkten Tierpfleger danach an, hätten aber das Risiko unterschätzt, das ein Gorilla von "Bokitos" Größe - 1,60 Meter - darstelle. Sie seien zum Fotografieren stehen geblieben, anstatt sich wie empfohlen so schnell wie möglich, wenn auch ohne Panik, in Sicherheit zu bringen.
"Ein dummer Zufall", kommentierte Lange nun den neuen Ausbruchsversuch. Sicherheitsfehler sind nach seiner Auffassung nicht erkennbar. Die Bärenanlage stamme aus den 60er-Jahren, es sei dort nie etwas Vergleichbares passiert. "Wenn das in der neuen Anlage passiert wäre, wären wir schon ins Grübeln gekommen."