Am 20. April brach eine Bande ins
Brücke-Museum ein und erbeutete neun Werke der Expressionisten Erich Heckel, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein im Wert von 3,66 Millionen Euro. Vier mutmaßliche Diebe und Hehler standen gestern vor dem Landgericht.
Milos J. soll alles geplant haben. Die Tatzeit, den Tatort, und natürlich war er es auch, der versuchte, die im Brücke-Museum gestohlenen Werke an Hehler zu bringen. Glücklicherweise vergeblich. Die Bilder wurden gefunden, ein Großteil der Diebes- und Hehlerbande gefasst. Noch immer flüchtig indes ist der 36-Jährige Milos J.
Zwei Serben, ein Bosnier und ein gebürtiger Jugoslawe mit deutschem Pass stehen nun vor dem Landgericht. Zwei schweigen. Zwei sind bereit auszusagen - und bekommen als Gegenleistung ein vergleichsweise mildes Urteil. Und Milos J. avanciert, wie so oft in solchen Fällen, zum absoluten Chef.
Auch der angeklagte Bosnier Milenko F. - er wird wegen schweren Bandendiebstahls zu fünf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt - will die Order für den Einbruch «von Milos bekommen» haben. «Ich dachte erst, es handelt sich um einen Einbruch in ein Privathaus», sagt der 44-Jährige. Erst nachdem er «die vielen Bilder gesehen» habe, sei ihm klar geworden, «dass es kein normaler Einbruch war». Wie zu erwarten, weiß Milenko F. dann auch nicht, wohin die Gemälde gebracht und an wen sie verkauft werden sollten. «Wer wusste es dann?», fragt die Vorsitzende Richterin. Antwort: «Ich glaube Milos.»
Dieser Ansatz wird vom zweiten aussagewilligen Angeklagten prompt weitergeführt. Für den 36-jährigen Petar B. - er erhält wegen Hehlerei eine zweijährige Bewährungsstrafe - war Milos J. ebenfalls eine Art Chef und Auftraggeber. Der Landsmann habe ihm 20 000 Euro versprochen, wenn es gelinge, Käufer zu finden, sagt Petar B. Er hatte tatsächlich einen Käufer. Doch die Polizei war schneller.
Allerdings nicht schnell genug. Sie war Milenko F., Milos J. und einem im aktuellen Prozess ebenfalls angeklagten Serben schon in der Nacht zum 4. Mai auf die Spur gekommen. Alle drei hatte in Wedding einem Optiker das Geschäft ausgeräumt. Milos J. wurde jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt, weil er einen Wohnsitz und soziale Bindungen nachweisen konnte. Die beiden illegal eingereisten Mittäter blieben in Haft. Vergleiche von Fingerabdrücken und DNA zogen schließlich den Bogen zum geplünderten Brücke-Museum.
14 Tage später waren die Gemälde gefunden. In einer Wohnung in Lichtenrade. Es fehlte jedoch die Hälfte des Pechstein-Bildes «Junges Mädchen». Sie wurde Ende Juni in einem Wald an der Bundesstraße 96a entdeckt. Vermutlich wurde das Bild zerschnitten, um mehr Druck auf die Versicherung ausüben zu können. Mutmaßlicher Täter: natürlich Milos J.