«Ich fühle mich in keiner Weise kriminell»

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Tanja Kotlorz

In den millionenschweren Abrechnungsskandal um Billig-Zahnersatz aus Fernost sind auch mindestens elf Berliner Zahnärzte verwickelt. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Berlin hatte die Zahnarztabrechnungen eines Monats von allen 3100 Berliner Zahnärzten überprüft. Demnach hätten 17 Praxen mit dem unter Verdacht stehenden nordrhein-westfälischen Dentallabor Globudent Geschäfte gemacht. Dieses Labor hat billigen Zahnersatz aus China bezogen und diesen zu den in Deutschland üblichen teureren Preisen abrechnet. Profitiert haben offenbar auch Zahnärzte in ganz Deutschland, darunter mindestens elf Berliner, denen vorgeworfen wird, für den Billig-Zahnersatz aus Fernost deutsche Laborpreise abgerechnet zu haben. Sie sollen den Preisvorteil nicht an die Kassen und Patienten weitergereicht haben.

Eine der elf Verdächtigen ist eine 48-jährige Weddinger Zahnärztin. Sie betont: «Ich fühle mich in keiner Weise kriminell.» Sie bestätigt zwar, dass sie seit einem Vierteljahr mit dem Labor Globudent Geschäfte macht, sagt aber auch: «Ich habe von der Zusammenarbeit mit Globudent außer der Lockung, dass sie mich bei Fortbildungen unterstützen wollen, keine finanziellen Vorteile gehabt.» Im Quartal behandle sie etwa 300 Patienten. Für einige habe sie kosmetischen Zahnersatz wie keramikverblendete Kronen bei dem Dentallabor bestellt. Der aus China importierte Zahnersatz sei für die Patienten teilweise 50 Prozent billiger gewesen. Doch die Kassen hätten von ihren Bestellungen bei Globudent nicht profitiert. Ihnen habe sie für den Zahnersatz aus Fernost absichtlich den Berliner Laborpreis berechnet.

«Ich sehe mich nicht als Sparkommissar der Kassen», betont die Ärztin aus Wedding. Den Kassen habe sie den vollen hiesigen Preis berechnet hat, um die deutschen Dentallabore zu unterstützen, sagt sie. «Die deutschen Labore werden doch kaputtgemacht.» Ihr Verhalten empfinde sie nicht als ungesetzlich. Sie habe ja «kein Schmiergeld von Globudent bekommen», versichert sie. Ihre Praxis wolle sie jetzt nicht schließen, weil das als «Schuldeingeständnis» gewertet werden könnte, meint sie.

Ein Reinickendorfer Zahnmediziner, der ebenfalls zu den elf Verdächtigen zählt, hüllt sich lieber in Schweigen. «Dazu möchte ich nichts sagen», sagte er und legte den Telefonhörer auf. Keine Hinweise auf falsche Abrechnungen von Zahnärzten hat dagegen bisher die Kassenzahnärztliche Vereinigung Brandenburg.