Keine Informatik-Kurse, weniger Sport, Französischunterricht ohne Fachlehrer: Die Haushaltssperre und eine knappe Personaldecke machen vielen Berliner Schulen das Lehren schwer. Der Senat sieht dennoch keinen Grund zur Sorge.
Drei Lehrer sind langfristig krank, 50 Stunden pro Woche müssen vertreten werden. So sieht der Schulalltag zum Beispiel an der Tempelhofer Hermann-Köhl-Oberschule aus, einer kombinierten Haupt- und Realschule. Hilfe ist nicht in Sicht. «Zurzeit wird wegen der Haushaltssperre weder neu eingestellt, noch dürfen Teilzeitverträge aufgestockt werden», sagt Johannes Gerigk, Vize-Vorsitzender des Lehrerpersonalrats im Bezirk. Die Lehrer arbeiteten bereits über Soll, aber das reiche nicht. Folge: Der Wahlpflichtkursus Informatik fällt ganz aus, Mathematikunterricht kann nur noch reduziert erteilt werden, fachfremde Lehrer geben Französisch. Ende dieses Monats dürfte sich die Situation noch verschärfen: Dann beendet die Referendarin der Schule ihre Ausbildung. Trotz einer Examensnote von 1,0 wird sie arbeitslos.
«Die Eltern sind nicht bereit, diese Situation hinzunehmen», sagt Gesamtelternsprecher Peter Reinwarth. Sie hätten deshalb schon am 7. November Briefe an Bildungssenator Klaus Böger und das Landesschulamt geschrieben. «Antwort haben wir bis heute nicht erhalten», bedauert Reinwarth. An der Wald-Oberschule erwägen die Eltern sogar den Gang vor Gericht. «Wir haben beschlossen, den Pflichtunterricht für unsere Kinder einzuklagen», sagt Gesamtelternratsvorsitzende Babette Halbe. An dem Charlottenburger Gymnasium fällt zurzeit in der 8., 10. und 11. Klasse Kunst aus, bei Englisch und Deutsch gibt es Abstriche. Zwar hat das Landesschulamt kurzfristig Abhilfe in Aussicht gestellt. Schulleiter Wolfgang Ismer weiß aber, dass die Schule weitere Ausfälle nicht verkraften kann: «Der Stellenstopp darf nicht so rigide gehandhabt werden.»
Weitere Beispiele: Am Tegeler Gabriele-von-Bülow-Gymnasium müssen drei längerfristig erkrankte Kollegen vertreten werden. Trotz Mehrarbeit und Aushilfe von einer benachbarten Schule kann Sport in einigen 9. Klassen nur reduziert angeboten werden. Weniger Stunden gibt es auch bei Ethik/Philosophie. An der Bettina-von-Arnim-Gesamtschule im Märkischen Viertel, wo ebenfalls drei Dauerkranke vertreten werden müssen, haben einige Gruppen nur noch halb so viel Sport, Musik und Kunst wie vorgeschrieben.
An der Reinickendorfer Thomas-Mann-Gesamtschule gehen Ende November drei Referendare. «Dann müssen wir voraussichtlich weniger Bio- und Englisch-Unterricht geben, auch bei Abitur-Kursen», sagt Schulleiter Frank Braune. In der Oberstufe habe die Schule keine Reserve mehr bei Fachlehrern. Ein Mangel, der auch von der geplanten Arbeitszeiterhöhung nicht ausgeglichen wird.
In der Senatsverwaltung sieht man die Unterrichtsversorgung nach wie vor gesichert. «Wir haben keine Meldungen über gravierende Stundenausfälle», sagt Sprecher Thomas John. Es gebe allenfalls in Einzelfällen Probleme, die aber gelöst würden, «beispielsweise durch Umsetzungen von anderen Schulen». Generell müssten die Schulen in der Lage sein, Engpässe mit eigenen Kräften auszugleichen. Sollte es zu keinem Solidarpakt mit den Gewerkschaften kommen, könnten neue Lehrer frühestens wieder 2004 eingestellt werden.
Schulen im Netz