Toni S., Neonazi und V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes, hat gestern vor der Staatsschutzkammer des Berliner Landgerichts ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen «Verbreitung von Propagandamaterial», «Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen» und «Volksverhetzung» vor.
Der Inhaber eines Textilgeschäftes in Cottbus räumte ein, gemeinsam mit einem bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Komplizen eine CD mit rechtsextremen Liedern hergestellt und insgesamt rund 2800 Exemplare an Einzelhändler verteilt zu haben. Die Nazi-Band «White Aryan Rebels» ruft auf ihrer CD «Noten des Hasses» zum Mord an Michel Friedman, Rita Süssmuth und anderen Prominenten auf.
Als Motiv nannte der Angeklagte Geschäftstüchtigkeit - «Es war eine Marktlücke». Wichtig sei ihm aber auch die Zuarbeit für das brandenburgische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) gewesen.
Toni S. war im Sommer 2000 von einem verdeckt arbeitenden Mitarbeiter des LfV als V-Mann geworben worden. Seitdem habe er mit dem LfV-Mann namens «Bartok» - «1,75 Meter groß, dunkles Haar, Nickelbrille» - ständig Kontakt gehalten. Es sei «ein Geben und Nehmen» gewesen, beurteilte Toni S. die Zusammenarbeit. «Ich habe auf diese Art brisante Sachen erfahren, auch über mich.» So habe ihm Bartok angedeutet, dass seine Wohnung sauber sein müsse und ihm einen alten Computer gegeben, damit er seinen mit heiklen Daten gespeicherten PC in Sicherheit bringen könne. Außerdem habe er von Bartok ein abhörsicheres Handy bekommen.
Von dem Plan, die «Noten des Hasses» zu produzieren, habe Bartok offenbar schon vor ihrem ersten Treffen erfahren. Später habe er sich, so Toni S., die CD angehört und mit den Worten «das ist aber starker Tobak, das kannst du doch nicht weitergeben» kommentiert. Zu diesem Zeitpunkt seien aber schon 80 Prozent der Charge verkauft gewesen. Bartok habe auch gewusst, an wen die CDs geliefert wurden, habe jedoch nicht verhindert, dass Toni S., die restlichen 20 Prozent verkaufte. Toni S.: «Es wurde nicht direkt darüber geredet. Aber ich habe ihn so verstanden: Bleib dran. Damit wir es bei der nächsten Produktion verhindern können.» Dazu war es jedoch nicht mehr gekommen, weil Toni S. am 20. Juli von Berliner Polizeibeamten festgenommen und enttarnt wurde.
Oberstaatsanwalt Jürgen Heinke sagte in einer Prozesspause, dass LfV-Mann Bartok in diesem Prozess ebenfalls angeklagt worden wäre. Das LfV sei «bei den Ermittlungen in der rechten Musikszene zu weit gegangen». Es hätte den Vertrieb der CD «Noten des Hasses» unbedingt stoppen müssen.
Gegen Bartok wird nun jedoch von der Cottbuser Staatsanwaltschaft ein Verfahren geführt.
Prozessfortsetzung am Montag.