Im Juli nahm Dr. Jürgen Lange seine Arbeit im Zoo auf. Nach heute genau 100 Tagen will er nur vorsichtig Bilanz ziehen. Großes ist geplant, Kleines bereits geschafft.
Herr Lange, seit genau 100 Tagen sind Sie Zoodirektor in Berlin. Was haben Sie bisher geschafft?
Jürgen Lange : Nicht so viel, wie ich gern wollte. Ich befinde mich immer noch in der Bestandsaufnahme und lerne in Gesprächen mit den Kuratoren und Tierpflegern die insgesamt 14 Reviere kennen. Dabei bin ich bereits auf viele Kleinigkeiten gestoßen, die wir schon bald angehen werden.
Zum Beispiel?
Die Vogelvolieren werden vergrößert. Da steht immer noch Piepmatz an Piepmatz. Wir werden eine Großvoliere für Greifvögel bauen. Und wahrscheinlich die Wolf- und Bärenanlage zusammenlegen.
Das funktioniert?
Das geht, wenn man den fünf Wölfen eine Rückzugsmöglichkeit lässt, wo die drei Bären nicht hinkönnen.
Die Wand hinter Ihrem Schreibtisch hängt voller Karten und Pläne. Was ist da angedacht?
Beim Raubtierhaus muss dringend etwas geschehen. Dort haben die Tiere viel zu wenig Platz. Vielleicht können wir das Zoogelände etwas in Richtung Wirtschaftshof ausdehnen. Auf einem Zooplan haben wir versucht, einen Rundgang zu erarbeiten. Aber das ist auf unserem kleinen, sehr verwinkelten Gelände leider kaum möglich.
Auch kaum möglich scheint Nachwuchs bei den Pandabären zu sein . . .
Man darf da nichts unversucht lassen, für die Zuchtversuche ist das Pandaweibchen Yan Yan ja auch bei uns. Wir werden es im nächsten Jahr noch einmal probieren.
Bei den Besuchern umstritten ist die Abgabe der Schimpansengruppe nach China. Was ist der Stand der Dinge?
Dieser Entschluss wurde vor meinem Amtsantritt gefasst. Ich persönlich finde es schade, weil Schimpansen meiner Meinung nach in einen Zoo gehören. Wir brauchen aber mehr Platz für die Unterbringung der anderen Tiere. Ich will jetzt erst mal prüfen, inwieweit die Absprache rechtlich bindend ist.
Eine andere Frage ist, ob man die Gruppe guten Gewissens nach China geben kann. Wir werden auf jeden Fall prüfen, ob Unterbringung und Umgang in Ordnung sind.
Können Sie die Bedenken der Stammbesucher verstehen, die von einem «unzumutbaren Kulturschock» sprechen?
Man darf Tiere nicht zu sehr vermenschlichen. Es stimmt, die Mentalität ist dort eine andere. Bei uns ist der Hund der beste Freund des Menschen, Karpfen werden gegessen. In China ist das genau umgekehrt. Wenn die Schimpansen weggehen, dann wird ein Tierpfleger den Transport und die ersten Tage begleiten. Und am liebsten wäre mir, wenn einer der chinesischen Tierpfleger vorher nach Berlin kommt, um sich hier unsere Art des Umganges anzusehen.
Also keine Weggabe in den nächsten Wochen?
Nein. Auf keinen Fall.
Gibt es schon Pläne für Besucher-Highlights im kommenden Jahr?
Wir werden vom Frühjahr an spontan buchbare Führungen anbieten. Das ist für Besucher gedacht, die beim Betreten des Zoos Lust auf einen organisierten Rundgang bekommen. Außerdem werden wir im August, wenn die Südafrikaner ihre Botschaft eröffnen, gemeinsam mit ihnen «Afrikanische Tage» feiern.
Dann werden Sie im Rampenlicht stehen müssen, was Ihnen meist nicht so behagt. Hat sich in den 100 Tagen für Sie persönlich sonst noch etwas geändert?
Ab und an habe ich das Gefühl, als würden die Menschen dieser Stadt dem Zoodirektor eine über die Stelle hinausgehende Bedeutung beimessen. Manchmal fühle ich mich selbst wie ein Exot.