Am 9. Juni 1965 versuchte Gregor N., durch den Osthafen zu schwimmen. Er wollte der DDR den Rücken kehren. Seit gestern beschäftigt sich das Landgericht mit dem Fall. Dieter P. (55) ist angeklagt, mit einer Kalaschnikow auf den damals 22-Jährigen geschossen zu haben. Als Bootsführer des Grenzbootes «GP 24» sollte P. Fluchtversuche verhindern. Nun wirft ihm die Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag vor.
Nachts gegen 1 Uhr sprang N. in die Spree. In der Mitte befand sich ein Steg. N. musste den Schutz des Wassers verlassen und darauf klettern, weil Sperrgitter das Weiterschwimmen verhinderten. In diesem Moment wurden die Soldaten aufmerksam, nahmen die Verfolgung auf und eröffneten das Feuer. Mehr als 100 Schüsse gaben sie ab. Einige trafen N., der jedoch das rettende Ufer erreichte.
«Ich habe versucht, niemanden zu verletzen, und absichtlich daneben geschossen», sagte P. gestern. «Das war Kreuzfeuer. Es kam von allen Seiten», erinnerte sich dagegen das Opfer. Er sei untergetaucht und weitergeschwommen. Am westlichen Ufer habe ihn dann ein Schuss in die Lunge getroffen. -ker