Allein 1100 Beschwerden im vergangenen Jahr. Und in diesem Jahr schon wieder 700. Taxifahrer sind keine Sympathieträger mehr in der Hauptstadt. Muffelig, vorlaut seien sie. Dazu kämen verdreckte Autos, überhöhte Rechnungen und Teuro-Schwindel. Nun denken Landeseinwohneramt als Dienstaufsichtsbehörde, Industrie- und Handelskammer sowie Innung und Verband der Taxifahrer über ein Qualitätssiegel für die Droschkenkutscher nach. Wie dramatisch ist die Lage? Die Berliner Morgenpost hat sich unter Fahrgästen umgehört.
Größtes Ärgernis: Kurzstrecke. «Ich fühle mich geradezu schuldig, wenn ich nur eine kurze Strecke fahre», sagt die Berlinerin Alexandra Bülow. Aber auch für Kurzstrecken gilt Beförderungspflicht für Taxifahrer - von der sind nur Menschen mit offensichtlich ansteckender Krankheit und Betrunkene ausgenommen.
Ärgernis Hygiene: überquellende Aschenbecher, speckige Sitze, Schmutz im Fond. Besonders widerlich: Fahrer, die an der Ampel Pickel ausdrücken. Ärgernis Tempo. «Ich bin vor Angst fast gestorben, so raste der Fahrer neulich im Regen», erzählt Ralf Pleger aus Tiergarten. Der Fahrer habe auf seine Bitte, etwas langsamer zu fahren, nur gegrinst: «Ich muss Kohle machen, und nachts sind sowieso keine Autos unterwegs.»
Ärgernis Besserwisser. «Berliner Taxifahrer fahren ungern die Strecken, die ich bevorzuge», klagt Ela Dobrinkat. Und Ärgernis Ortskenntnis: «Von zehn Fahrern sagt höchstens einem die Straße etwas, in der ich wohne», sagt Rüdiger Winter aus Wilmersdorf.
Als Gründe für das miserable Image sehen Experten neben Konkurrenzdruck und schwieriger wirtschaftlicher Lage auch die Leichtigkeit, mit der die Konzession erworben werden könne. Es wird diskutiert, Taxifahrern ein Gütesiegel auszustellen - ähnlich wie im Busreiseverkehr. Dieses könnte im Fahrzeug sichtbar angebracht werden. IHK-Geschäftsführer Christian Wiesenhütter rief die Fahrer zur freiwilligen Selbstqualifizierung auf: Sach- und Ortskundeprüfung, Verhaltensregeln, Sauberhalten des Fahrzeuges und höfliche Umgangsformen.
Während sich Kunden über Taxifahrer beschweren, üben diese wenig Kritik an Fahrgästen. Taxifahrer Michael Ludwig (38) weiß viel Gutes zu berichten. Vorfälle mit angetrunkenen oder herumpöbelnden Fahrgästen seien die Ausnahme. Am höflichsten seien Touristen. Und grummelnde Kollegen? «Tja, die wirtschaftliche Lage ist schwer. Das zerrt an den Nerven.»
Trotzdem plädiert der Vorstandschef der Innung, Wolfgang Wruck, für eine Qualitätsoffensive. «Wir dürfen aber nicht vergessen, dass sich die Lage zugespitzt hat.» Das eingefahrene Geld reiche kaum, um die Kosten zu decken. Hinzu komme die manchmal doch «unverschämte Anspruchshaltung» von Kunden. Allerdings gebe es eine Anzahl schwarzer Schafe unter den Fahrern. CDU-Politiker Alexander Kazcmarek schlägt vor, den Beförderungsschein mit Foto sichtbar im Autoinneren zu befestigen. Dagegen wehrt sich die Genehmigungsbehörde mit dem Hinweis auf den Datenschutz.