Aus dem Gericht: Schwarzanglerin ging der Justiz von der Angel

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Michael Mielke

8. Juni 2001. Früher Abend. Über dem Kiessee Arkenberge bei Blankenfelde liegt eine Schicht wabernder Nebel. Eine vierköpfige Zivilstreife geht wachen Auges am Ufer entlang und muss wenig später auch eingreifen. «Zwei Angeln steckten im Sand», glaubt sich ein Beamter, der damals das Protokoll schrieb, vor einem Moabiter Einzelrichter zu erinnern: «Und dahinter standen zwei Frauen. Die waren dem Geschehen eindeutig zuzuordnen.» Ohne Angelschein, wie sich bei der Kontrolle herausstellte. Ergo: Fischwilderei. Konsequenz: Strafbefehle über je 270 Euro.

Die 42-jährige Cornelia W. hatte die Summe sofort gezahlt. Nicht so ihre ein Jahr ältere Nachbarin Eleonore G., die sich deswegen nun vor Gericht verantworten muss. Die Altenpflegerin ist hartnäckig. Natürlich wolle sie was zu der Anklage sagen: Sie habe gar nicht geangelt. Sie habe mit ihrem Hund auf einer Decke gelegen und dem Treiben zugeschaut. Und sie weiß noch genau, dass sie aufgefordert worden sei, ihren Schäferhundmischling an die Leine zu nehmen, weil der doch so sehr gebellt habe.

Nein, der protokollführende Beamte hat es anders in Erinnerung: «Sonst hätte ich es doch auch anders aufgeschrieben», sagt er kleinlaut. Der Richter hat keine Fragen mehr. Der Staatsanwalt, neben dem drei irritierte Referendare sitzen, auch nicht. Dafür Eleonore G.: Ob sich der Zeuge noch erinnern könne, fragt sie, dass es damals erheblich Probleme gab, die Personalien der Schwarzanglerin Cornelia W. zu überprüfen. Mehrmals seien die Polizeibeamten zum weit entfernten Streifenwagen gelaufen und hätten versucht, die Daten durchzugeben. Mehrmals vergeblich. Und am Ende hätte man zur Sicherheit ihre Personalien notiert. Quasi als Zeugin und nicht als Täterin. Aber sechs Wochen später sei der Strafbefehl gekommen.

Der Polizeibeamte zieht den Kopf ein. Und verweist nochmals auf das Protokoll. Sagt aber auch, «ich will das jetzt nicht in Abrede stellen». Auf der Stirn des Staatsanwaltes kerbt sich eine Unmutsfalte. Sie wird tiefer, als sich die übrigen drei Beamten in Erinnerungslosigkeit überbieten. Im Zuschauerraum wird gelacht. Und Eleonore G. blickt fragend in die Runde. Sie kann sich nicht recht freuen, als ihr der Richter wenig später mitteilt, dass man ihr glaube und ihr Verfahren eingestellt werde. «Sie hätten ihre Freundin vom Schwarz-Angeln abhalten müssen.» Das ist nicht mehr nötig. Cornelia W. besitzt schon seit Monaten einen Angelschein. Und geht am liebsten zum Kiessee Arkenberge.