Ermordeter Säugling: Polizei überprüft Kliniken

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Dirk Banse und Michael Behrendt

Im Fall des erstochenen Säuglings aus der Babyklappe im Krankenhaus Waldfriede ermittelt die Polizei jetzt wegen Mordes. Also einer Tat mit Vorsatz, nicht begangen im Affekt.

Der erst wenige Tage alte Junge war erstochen worden. Die zahlreichen Messerstiche waren dem Kind nach Auffassung der Polizei nicht spontan zugefügt worden. Die tödlichen Verletzungen waren geplant, heißt es bei den Beamten der für Delikte an Kindern zuständigen Kripo-Inspektion.

Der Polizeipsychologe Professor Adolf Gallwitz glaubt ebenfalls nicht an eine Kurzschlusshandlung. «Der Gedanke, ein Baby mit mehreren Messerstichen zu töten, entsteht nicht spontan. Im Affekt würde der Täter den Säugling beispielsweise an die Wand werfen. Außerdem spricht sehr viel dafür, dass die Tat von einem Mann ausgeübt wurde. Frauen, die ihr Neugeborenes nicht wollen, ertränken oder ersticken es. Möglich ist, dass auch die Mutter des im Zehlendorfer Krankenhauses abgelegten Babys den Tod des Jungen wollte, aber einen Mann das Verbrechen hat ausführen lassen haben. Nur eine Person war wohl nicht an der Tat beteiligt», sagte Gallwitz der Morgenpost.

Eine heiße Spur zum Täterkreis hat die Kripo bislang nicht. Chef-Ermittler Oliver Knecht: «Es sind erst wenige Hinweise bei uns eingegangen. Es war noch keiner dabei, der zur Aufklärung des Falles beitragen könnte.»

Die Polizei prüft nun unter anderem den Verbleib aller kürzlich in Berlin geborenen Babys. Auch in den in Frage kommenden Kliniken wird ermittelt - schließlich war der Säugling fachgerecht entbunden worden.

Problematisch ist für die Beamten der Beginn der Sommerferien, denn durch die Abreise vieler Berliner fällt ein plötzlich nicht mehr anwesender Säugling weniger auf als sonst. Knecht: «Die Nachbarn suchen nach einer plausiblen Lösung wie eine Reise, wenn ein Kind plötzlich nicht mehr zu sehen ist. Wer denkt schon an Mord?»

Wie berichtet, hatte eine Kinderkrankenschwester am Montag gegen 13.20 Uhr den Säugling tot in der Babyklappe entdeckt. Ein Signalton hatte das Personal der Klinik alarmiert, dass ein Baby dort abgelegt wurde. Videokameras gibt es an dieser Einrichtung nicht, weil dort verzweifelte Mütter ihre Kinder abgeben können, ohne dass sie dabei erkannt werden. Die Babyklappe soll eigentlich verhindern, dass Säuglinge ausgesetzt oder getötet werden.

Der Polizeipsychologe Gallwitz will nicht ausschließen, dass die Mutter selbst ihr totes Kind in die Babyklappe des Zehlendorfer Krankenhaus gelegt hat, um so ihr schlechtes Gewissen beruhigen zu wollen.