Schill-Partei nominiert Berliner Kandidaten für Bundestagswahl

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Karsten Hintzmann

Der Erziehungswissenschaftler Lothar Staeck wird die Schill-Partei in Berlin auf Listenplatz eins in die Bundestagswahl führen. Beim gestrigen Nominierungsparteitag der «Partei Rechtsstaatlicher Offensive» im Rathaus Wedding setzte sich der TU-Professor in der Stichwahl gegen den ehemaligen hessischen CDU-Politiker Christian-Friedrich Eigler mit 46 zu 40 Stimmen durch. Ursprünglich hatte es sechs Bewerber für den Spitzenplatz gegeben.

Zu dem Nominierungsparteitag waren 98 von 307 in Berlin eingetragenen Parteimitgliedern erschienen. Da die Schill-Partei in der Bundeshauptstadt noch keinen Landesverband gegründet hat, konnte nicht auf das Delegiertenprinzip zurückgegriffen werden. Stattdessen mussten laut Satzung 25 Prozent der Mitglieder anwesend sein. Diese Hürde wurde klar genommen. Der Parteitag verzichtete völlig auf eine programmatische Debatte. Im Mittelpunkt stand einzig die Wahl der zwölfköpfigen Landesliste.

Auf Motivationshilfe von der Bundesspitze warteten die Parteitagsbesucher vergeblich. Lediglich der vom Parteigründer Ronald Schill vor wenigen Tagen eilig als Wahlkampfkoordinator für die neuen Länder rekrutierte Dirk Weßlau aus Brandenburg war erschienen und übermittelte rhetorisch holprig «herzliche Grüße» vom Namenspatron aus Hamburg. Unerwartet optimistisch zeigte sich Weßlau hinsichtlich des erwarteten Abschneidens der Schill-Partei: «In Berlin sind 15 bis 20 Prozent möglich. Wenn wir die bekommen, können wir bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde knacken.»

Die meisten auf dem Parteitag erschienenen Mitglieder machten den Eindruck, als seien sie entweder völlige Neulinge auf dem Feld der Parteipolitik oder sie hätten sich aus Frust über das Agieren anderer Parteien der Schill-Partei angeschlossen. Mangelnde Satzungskenntnis, gepaart mit großer Diskussionsfreude, führte dazu, dass erst nach sechs Stunden der erste Wahlgang abgeschlossen wurde.

30 Prozent der Berliner Schill-Anhänger gehörten schon einmal einer Partei an. In der Mehrzahl waren sie CDU-Mitglieder, der Rest zahlte bei der FDP, der SPD oder zu DDR-Zeiten bei der SED Parteibeiträge. Zu den bekanntesten Köpfen im Weddinger Rathaus zählte Anke Soltkahn, die von 1999 bis 2001 für die CDU im Abgeordnetenhaus saß. Soltkahn ist Sprecherin der Gründungskommission der Schill-Partei in Berlin und wird sich vermutlich um das Amt der Landesvorsitzenden bewerben.

Wolf-Dieter Zupke, ebenfalls bis vor einem Jahr CDU-Abgeordneter, scheiterte gestern bei der Wahl um den ersten Listenplatz bei der Bundestagswahl. Zupke hatte 1999 für Aufsehen gesorgt, als er sich für eine Zusammenarbeit mit den Republikanern aussprach. Mit Manfred Bittner saß ein weiteres Ex-CDU-Mitglied in den Schill-Reihen. Bittner war von 1990-95 Stadtrat in Hellersdorf und steht gegenwärtig vor Gericht. Gemeinsam mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Diethard Schütze wird ihm Bestechung und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft in Hellersdorf vorgeworfen.