Vor Gericht gehts öfter um die Wurst

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Jens Anker

Freizeitvergnügen oder Belästigung - in jedem Sommer sorgt das Grillen für Streit zwischen Nachbarn, der nicht selten vor Gericht endet. Was ist erlaubt, was verboten?

Die Wurst ist das Problem. Unschuldig liegt sie da auf dem Rost und brutzelt vor sich hin. Im Tiergarten, in den Gartenlokalen - und auf den Balkonen der Stadt. Das ist das Problem. Dürfen Mieter auf dem Balkon grillen oder nicht? Der Streit ist alt. Zu Beginn jeden Sommers schwelt er hier und da aufs neue in den Häusern. Von Zeit zu Zeit wird er den Gerichten übergeben, die sich darüber Gedanken machen und versuchen, einen Weg zu finden, das Leben zwischen streitenden Nachbarn erträglich zu gestalten.

Das sommerliche Grillen gilt hierzulande inzwischen als «üblicher Ausdruck des Lebensgefühls und gängige Form der Speisenzubereitung», sind sich die Juristen einig (LG Stuttgart 10 T 359/96). Es ist daher grundsätzlich erlaubt - solange sich niemand gestört fühlt. Das ist in einer eng bebauten Stadt wie Berlin allerdings häufig der Fall. Die Kompromissvorschläge der Amts- und Landgerichte fallen unterschiedlich aus. Eine grundsätzliche Regelung gibt es nicht, es kommt immer auf den Einzelfall an.

So gibt es ein Urteil, das das Grillen einmal monatlich auf dem Balkon erlaubt. Allerdings sollten die Grillenden die Nachbarn mindestens 48 Stunden vorher von ihrem Wunsch in Kenntnis setzen (AG Bonn, 6 C545/96). Ein Münchener Richter sah es etwas anders. Er hält fünfmaliges Grillen während der Sommersaison je Miethaus für ausreichend (OLG Bayern, 2 Z BR 6/99).

Die Berliner Richter unterscheiden zwischen dem klassischen Balkon und dem Balkon/der Terrasse im Erdgeschoss. Wenn der Vermieter das Grillen auf Balkonen verbietet, sind Mieter im Erdgeschoss fein raus. In ihrem mitgemieteten Gärtchen oder auf der Terrasse ist das Grillen erlaubt, urteilte das Amtsgericht Wedding (10 C 476/89). Anders in Eigentumswohnungen: Die Mehrheit der Eigentümer kann das Grillen auf Terrassen, Balkonen und Rasenflächen der Wohnanlage verbieten (OLG Zweibrücken, 3 W 50/93), allerdings kann die Eigentümergemeinschaft das Grillen nicht grundsätzlich erlauben (LG Düsseldorf, 25 T 435/90).

Am einfachsten ist es unter Umgehung des Rechtsweges die Nachbarn einzuladen. Wer mitgrillt, klagt nicht, lautet die Faustregel.

Wer sich trotz allem durch den Qualm belästigt fühlt, sollte seine Kritik wohlüberlegt formulieren. Ein Münchener Amtsgericht verurteilte einen Geschäftsmann wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe. Der Mann hatte einen Eimer Wasser aus dem Balkon seiner Wohnung ein Stockwerk tiefer auf den Grill gegossen.

Apropos Qualm: eindeutig ist die Rechtsprechung im Hinblick auf das Rauchen auf dem Balkon. Selbst Zigarren dürfen dort zu jeder Zeit gepafft werden. Das Rauchen gehört demnach zur grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit (AG Wennigsen, 9 C 156/01).