Er wollte hilflose Menschen vor dem Tode retten und bezahlte seinen Mut mit dem eigenen Leben: Ein 24-jähriger Mann ist in der Nacht zu gestern erstickt, als er die Bewohner eines brennenden Köpenicker Seniorenheimes aus den Flammen befreien wollte.
1.09 Uhr, Charlottenstraße 17 c: In der Wohnung eines 92-jährigen Mannes im dritten Obergeschoss bricht aus noch nicht geklärter Ursache ein Feuer aus. Schnell lodern Flammen aus den Fenstern. Sofort greifen sie auf die darüber liegenden Balkone im vierten und fünften Stockwerk über.
Passanten alarmieren die Feuerwehr. Als die ersten Löschzüge eintreffen, zieht bereits dicker Qualm durch die Treppenhäuser. Er versperrt den teilweise gehbehinderten alten Menschen die Fluchtwege. Zu diesem Zeitpunkt ahnt niemand, dass der 24-jährige Andreas Hallmann bereits mit dem Tode kämpft.
Der Maler hatte von seiner gegenüberliegenden Wohnung aus als erster Zeuge die Flammen bemerkt und die Hilfeschreie der Menschen gehört. Er läuft in das Heim, um zu helfen. Doch dabei begeht er einen tödlichen Fehler: Anstatt über das Treppenhaus in die oberen Stockwerke zu gelangen, nimmt er den Fahrstuhl.
Kurz darauf spielen sich auf den Fluren und in den Zimmern des Heimes dramatische Szenen ab. 60 Feuerwehr-Männer sind inzwischen im Einsatz. Während einige von ihnen die Flammen bekämpfen, bringen andere insgesamt 27 Personen über die Treppen ins Freie. Der 92-jährige Inhaber der Brandwohnung hat Verbrennungen erlitten, ein Rettungswagen bringt ihn ins Unfall-Klinikum Marzahn.
In der Fahrstuhlkabine im dritten Stock wird der leblose Andreas Hallmann gefunden. Ein Notarzt beginnt mit Wiederbelebungsmaßnahmen, muss aber aufgeben. Ein Feuerwehr-Sprecher: «Möglicherweise ist bei diesem Lift eine Lichtschranke installiert, die das Schließen der Tür regelt. Wenn der Qualm sehr dicht war, konnte das Licht nicht beide Pole gleichzeitig bescheinen, die Tür blieb auf.» Der Rückzugsweg über das Treppenhaus war vom dichten Rauch versperrt. Der junge Mann war gefangen.
Sein Bruder Bernd: «Wir haben bis Mitternacht seinen Arbeitsvertrag gefeiert, den er letzte Woche unterschrieben hat. Zu Hause wollte er noch ein Bad nehmen. Dann muss er die Flammen gesehen haben.»
Berlins Feuerwehr-Chef Albrecht Broemme war erschüttert: «Der Tod dieses Mutigen ist ein mahnendes Beispiel. Wir müssen dankbar sein, dass mutige Menschen ihr eigenes Leben riskieren, um andere zu retten.» Aber es gebe auch Grenzen. In einem Fall wie diesem seien selbst ausgebildete Feuerwehr-Männer in Gefahr, wenn sie in ein brennendes Gebäude gehen. Ohne Schulung sei ein Rettungsversuch lebensgefährlich. «Leider müssen wir jetzt einen Toten beklagen.»