Thomas Rung hat sieben Menschen umgebracht. Dafür verurteilte ihn ein Gericht vor sechs Jahren zu lebenslanger Haft samt Sicherungsverwahrung. Im Gefängnis fand er keine Ruhe. Vor einem Jahr soll er einen Mithäftling geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Gestern stand Thomas Rung deswegen vor Gericht.
Dienstag, 31. Juli 2001, JVA Tegel, Haus III, Station A 2, Zelle 53. Es ist kurz vor 17 Uhr. Jemand schlägt laut gegen die Zellentür. Als die Beamten die Tür öffnen, taumelt ihnen der 26-jährige Brian L. entgegen. Am Kopf klafft eine Platzwunde. Am anderen Ende des Flurs sitzt Thomas Rung, dem Zelle 53 eigentlich gehört. Was ist geschehen?
«Ich bin dafür verantwortlich», habe Rung dem Gruppenleiter der Station gesagt. Danach hüllte sich der wuchtige Mann in Schweigen. Auch gestern. «Ich verweigere», sagt er knapp und justizerfahren. Er macht von seinem Recht Gebrauch, nichts zu dem Vorwurf zu sagen. Zu dem Geschehen in seiner Zelle gibt es zwei Versionen. Die eine hat Thomas Rung verbreitet, die andere sein Opfer.
Rungs Geschichte beginnt mit einer Schreibmaschine. Nach seiner Lebensbeichte vor dem Kriminalgericht vor sechs Jahren hatte der Serienmörder einige Pläne. So hatte er noch im Gerichtssaal angekündigt, die Rechte an seiner Lebensgeschichte an einen interessierten Fernsehsender zu verkaufen. In der Haft schrieb er sein Leben auf, zuerst handschriftlich, später auf der Schreibmaschine. Aus dem Fernsehfilm wurde bislang nichts. Stattdessen ließ er ein Buch schreiben. «Ich bin ein Untier» lautet der Titel. Es ist vor drei Jahren erschienen. Die Schreibmaschine ist nun verschwunden. Rung soll sein späteres Opfer des Diebstahls der Maschine verdächtigt haben, heißt es. Gerade als er seine Zelle betreten habe, soll er Brian zudem mit seinem Gameboy in der Hand ertappt haben. Nachdem ihm jetzt «alles genommen wurde, was er noch hatte», so seine Verteidigerin gestern, sei er derart in Rage geraten, dass er sein Opfer schlug, würgte und in seiner Zelle einschloss.
Brian L. erzählt es anders. Demnach hätten beide mal wieder zusammen in Rungs Zelle gekifft, als Rung ihm unvermittelt mit einer fünf Kilogramm schweren Hantelscheibe auf den Kopf geschlagen habe. Ein Motiv dafür habe es nicht gegeben.
Der Prozess konnte gestern nicht beendet werden. Ein Gutachter soll die Schuldfähigkeit Rungs untersuchen.
Thomas Rung hat zwischen 1983 und 1995 sieben Menschen getötet. Für die erste Tat wurde ein anderer verurteilt. Nach seiner Festnahme legte er ein umfassendes Geständnis ab.