Schnell noch auswandern: Einmal nach Osttimor

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Silvia Meixner

Auswandern! Das hat kürzlich ein Frauenmagazin seinen Leserinnen für die Zeit während der Fußball-WM empfohlen, leider ohne die üblichen Reisetipps mit Shoppingempfehlungen und den doch unverzichtbaren Flirtfaktor-Bars zu geben. Aber wenn Fußball läuft, werfen Männer sowieso kein Auge mehr auf Frauen. Dies hat, nebenbei bemerkt, den großen Vorteil, dass wir uns in den kommenden Wochen nicht schminken müssen. Machen wir uns nichts vor: Niemand wird unseren neuen Lippenstift bemerken, und auch ein radikaler Wechsel der Haarfarbe wird außer «Ist noch Bier da?» sonst keine Reaktion auslösen.

Osttimor erschien mir, nachdem ich Grönland und eine Wanderung durch die Wüste verworfen hatte, nach reiflicher Überlegung die ideale Destination. Die Nation am anderen Ende der Welt, gut 500 Kilometer vor Australiens Nordküste gelegen, feierte gerade ihre Gründung. Das Land ist, so meine Überlegung, schlechthin die Chance für alle Frauen, die die nächsten Wochen nicht an der Seite schweigsamer männlicher Fernsehzuschauer mit Schnittchen streichen, Fußball-Fachsimpeln und Sixpacks nach Hause schleppen verbringen wollen. Kein Mann, und sei er im richtigen Leben noch so eifersüchtig, wird angesichts der anstehenden sportlichen Ereignisse nachfragen: «Wo willst du hin? Warum?» Oder gar: «Mit wem?»

Bestimmt, so meine mit großen Hoffnungen verknüpfte These, hatten die Menschen in Osttimor noch keine Gelegenheit, ein Fußball-Nationalteam aufzustellen. Also nichts wie hin, in den jüngsten Staat der Welt. Leider erweisen sich die Anreisebedingungen als äußerst schwierig. Als ich auf der Internetseite eines Reiseveranstalters voller Vorfreude «TXL-Dili» (Dili ist die Hauptstadt Osttimors) eintippte, kam prompt das Ergebnis: «Es wurde kein Flughafen für Ihre Eingabe gefunden.»

In dem Moment schaute der Hund mir tief und treu in die Augen und ich glaubte, in seinem Blick Sorge zu erkennen: «Wer geht dann mit mir Gassi? Herrchen ja wohl nicht.» Erinnert sich das Tier tatsächlich noch an die letzte Fußball-WM?

Ich habe dann beschlossen, in Berlin zu bleiben. Okay, überredet, ich kaufe auch die Sixpacks.