Das Land Berlin will künftig den innerstädtischen Verkehr selber organisieren. Laut einem gestern bekannt gewordenen Prüfauftrag der Verkehrsverwaltung wird derzeit untersucht, wie die Angebote von S-Bahn und BVG innerhalb der Stadtgrenzen auch ohne den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) besser aufeinander abgestimmt werden können.
Wie Georg Müller von der Verkehrsverwaltung sagte, prüfe der Senat die Gründung einer eigenständigen GmbH, die künftig bei S-Bahn und BVG Nahverkehrsleistungen bestellen und zu besser abgestimmten Taktzeiten führen soll. Auch ließen sich so überflüssige Parallelverkehre abschaffen und der Verkehr straffer organisieren. Darüber rede man zurzeit mit BVG und S-Bahn. Ob die neue Gesellschaft kommt, soll bis zum Jahresende entschieden werden. Ein Ausstieg aus dem VBB sei jedoch nicht geplant. Vielmehr gehe es um eine «bessere Interessenwahrnehmung Berlins» innerhalb des Verbundes.
Das Land kann zwar auch heute schon nach eigenen Vorgaben bei der S-Bahn Verkehr bestellen. Aber die BVG legt aus rechtlichen Gründen selbst fest, welche Linien sie wo wie häufig fahren lässt. Dies solle durch die neue Gesellschaft geändert werden, so Müller.
Mit seiner Initiative reagiert der Senat auch auf Kritik der Parteien. Sie fordern seit geraumer Zeit vom VBB verbrauchernahe Reformen. «Es ist doch hanebüchen, dass der VBB seit seiner Gründung 1998 keine einheitliche Fahrplanauskunft zu Wege gebracht hat», kritisierte der Verkehrsexperte der Grünen, Michael Cramer. Vielmehr unterhielten BVG, S-Bahn und DB Regio bis heute jeweils eigene Info-Center. So gebe es beispielsweise auf den S-Bahnsteigen am Alexanderplatz keine Hinweise, wann etwa die nächste Regionalbahn halte.
Massiv wurde der VBB von CDU und dem Fahrgastverband Igeb kritisiert. «Wenn es nur um Kundeninfosysteme ginge, ließe sich das beheben. Viel schlimmer ist, dass der Verbund seine Hauptaufgabe nicht erledigt: zwischen den Verkehrsunternehmen und der Politik zu moderieren», rügte Igeb-Vorsitzender Gerhard Curth.
Der VBB kritisierte die Senatspläne. «Das bedeutet, dass Berlin wieder auf ein Inseldasein hinarbeitet und die Zusammenarbeit mit Brandenburg aufkündigt», sagte Sprecherin Ingrid Kudirka.