Versprühtes Tränengas und Pfefferspray in zwei Schulen in Hellersdorf und Pankow haben gestern Polizei, Feuerwehr, Lehrer und Schüler in Erinnerung an den Erfurter Amoklauf in helle Aufregung versetzt. Eine Schlägerei unter Jugendlichen neben einer weiteren Schule in Marzahn, bei der auch mit einer Pistole gedroht wurde, rief sogar ein Spezialeinsatzkommando auf den Plan.
Geräumt wurde die gesamte Oberschule Leonardo da Vinci am Havelländer Ring in Hellersdorf. Ein Schüler der zehnten Klasse hatte kurz nach 10 Uhr im Musikunterricht mit einer Dose Pfefferspray hantiert. Der auch von der Polizei zur Abwehr von Angreifern eingesetzte Stoff verbreitete sich im Raum. Schüler und Lehrer bekamen plötzlich Reizungen im Hals. «Wir wussten zunächst nicht, woher das Kratzen im Hals kommt und wollten deshalb mit der Räumung auf Nummer sicher gehen», sagte Schuldirektor Ulrich Kompa.
Der 16-jährige Schüler, der die Pfefferspraydose betätigt hatte, meldete sich nach dem Vorfall freiwillig. Nach Angaben des Direktors handelte es sich nicht um einen Angriff gegen Lehrer oder Schüler, sondern um ein Versehen.
Sie seien nach dem Unterricht zu einer Schlägerei mit Rechtsradikalen verabredet gewesen. Deshalb habe der 16-Jährige den Reizstoff dabei gehabt, berichtete ein Mitschüler. Andere Jungen und Mädchen sollen Schlagwerkzeuge mit in den Unterricht gebracht haben. Der Schulleiter bestätigte gegenüber der Polizei, dass sich ständig Angehörige der rechten Szene am Schulgelände aufhalten und dort pöbeln. Die Polizei erteilte während des Einsatzes sieben mutmaßlichen Rechtsradikalen Platzverweise. Durch das Pfefferspray erlitten zwei Mädchen Augenreizungen, die ambulant behandelt wurden.
Ebenfalls einen Augenarzt mussten vier Mädchen aufsuchen, die eine Berufsschule an der Hermann-Hesse-Straße in Pankow besuchen. Sie waren gegen 13 Uhr durch eine Tränengaswolke gelaufen, die im Treppenhaus der Schule hing. Wer dort das Gas versprüht hatte, ist unbekannt.
Unklar sind noch die genauen Einzelheiten einer Schlägerei, die sich zwei Jungen auf dem Schulweg an der Dahlmann-Schule in Marzahn lieferten. Zunächst bestand dort der Verdacht, ein bewaffneter Jugendlicher sei in das Gebäude eingedrungen, was sich aber schließlich als falsch herausstellte.
Nach den Ermittlungen der Polizei waren zwei 16-Jährige aneinander geraten, als sie um 7.30 Uhr in der Wittenberger Straße aus einer Straßenbahn stiegen. Es soll sich um Eifersüchteleien wegen eines Mädchens handeln. Ein 23 Jahre alter Freund von einem der beiden 16-Jährigen soll während der Prügelei mit einer Pistole gedroht haben und verschwand dann. Der bedrohte Jugendliche flüchtete daraufhin in das Sekretariat seiner Schule und ließ von dort die Polizei benachrichtigen.
Durch Hinweise einer Zeugin stellte sich heraus, um wen es sich bei dem bewaffneten 23-Jährigen handelt. Gegen 9.45 Uhr drang das Spezialeinsatzkommando in dessen Wohnung in der Liebensteiner Straße ein. Der Gesuchte war aber nicht da. Bei seiner Waffe handelt es sich vermutlich um eine Gaspistole.