Möllemann-Beben erreicht das Abgeordnetenhaus

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Joachim Fahrun

Der Fall Jürgen Möllemann schlägt hohe Wellen bis ins Berliner Abgeordnetenhaus: Die Grünen treiben im Verein mit SPD und PDS die Berliner FDP-Fraktion in die Enge. Bis zum gestrigen Abend arbeiteten die Strategen im Preußischen Landtag an einem gemeinsamen Entschließungsantrag, der die Berliner Liberalen ins Abseits stellen und auch die CDU unter Druck setzen soll.

Rot-Rot-Grün möchte in der heutigen Plenarsitzung beschließen lassen, dass der FDP-Bundesvize mit seinem Streit mit dem Zentralrat der Juden und seiner Rechtfertigung des Rechtspopulismus à la Haider den Grundkonsens der Demokraten verlassen habe. Die Grünen hatten die Wahlkampf-wirksame Attacke ausgeklügelt und in Sozialdemokraten und Sozialisten Mitstreiter gefunden.

Bis zuletzt waren sich die drei Fraktionen einig, den Namen Möllemann auf jeden Fall in dem Antrag stehen zu lassen und sich nicht auf einen allgemein gehaltenen Aufruf gegen antisemitische Tendenzen zu beschränken. «Wir müssen Ross und Reiter nennen», hieß es. Im ursprünglichen Entwurf der Grünen lautete der Titel noch «Für Antisemitismus gibt es keine Rechtfertigung».

Das Abgeordnetenhaus möge den «wahltaktischen Versuch der FDP verurteilen, die jüdische Bevölkerung für den wachsenden Antisemitismus verantwortlich zu machen». Nach Intervention der SPD wurde die Überschrift des knapp einseitigen Textes in «Grundkonsens muss bleiben» umformuliert.

Was bleibt, ist das Ziel: Die FDP soll entweder isoliert dastehen oder sich offen gegen Möllemann stellen. Und auch die CDU soll Farbe bekennen. In der Fraktionsspitze der Christdemokraten war gestern Abend noch nicht geklärt, wie man mit dem Antrag umgehen will. Die drei anderen Fraktionen hatten die CDU offenbar nicht eingeladen, den Text mitzuformulieren.

Die Liberalen im Abgeordnetenhaus fühlen sich vor allem vom grünen Oppositionspartner, dem man sich zuletzt angenähert hatte, übel behandelt. Denn Fraktionschef Martin Lindner und andere hatten sich immer dezidiert kritisch zu Möllemann geäußert. Der unter Antisemitismus-Vorwürfen stehende NRW-Landtagsabgeordnete Jamal Karsli hätte in der Berliner Fraktion nie eine Heimat gefunden, hieß es.

Der Zank um die FDP drängte gestern die anderen Themen der heutigen Plenarsitzung in den Hintergrund. In der Aktuellen Stunde wird auf Wunsch der CDU voraussichtlich über Verbraucherschutz diskutiert. Das Haushaltsentlastungsgesetz des Senats geht in die erste Lesung. Gestern bereits vereinbarten die Fraktionen, die abschließenden Haushaltsberatungen im Plenum wegen der Vielzahl der Debatten auf zwei Tage, den 27. und den 28. Juni, zu verlängern.