Gute Gespräche, keine Blaulichteskorten

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Karsten Hintzmann

Wenn Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) morgen nach einem 27-stündigen Flugmarathon wieder in der Heimat landet, hat er einen Staatsbesuch hinter sich, der vom äußeren Rahmen her äußerst ungewöhnlich verlief. Während der sechstägigen Australien-Visite, die ihn nach Sydney, Canberra und Melbourne führte, litt Wowereit nicht ein einziges Mal unter strengen Protokoll- und Sicherheitsvorgaben.

Obwohl Wowereit in seiner Funktion als Bundesratspräsident gegenwärtig formal die Nummer zwei in der Hierarchie der deutschen Bundespolitik ist, gab es in «Down under» keine Leibwächter, keine Blaulichteskorte, keine gepanzerten Limousinen. Wie der Rest der kleinen Delegation stieg Wowereit stets in den Bus.

Das alles ist nicht darauf zurückzuführen, dass ihn die australischen Gastgeber als politisches Leichtgewicht gesehen hätten. Im Gegenteil, Wowereit traf bei seinen Gesprächen die wichtigsten australischen Politiker. Die unaufgeregte Betreuung rührt vielmehr daher, dass in Australien Politik nicht wichtiger genommen wird als sie ist. Zudem ist die Sicherheitslage beneidenswert entspannt, es gab seit Jahren keine politisch motivierte Gewalt.

Bei einem ersten Rückblick auf den Besuch räumte Wowereit ein, etliche Anregungen mitgenommen zu haben. Besonders nachhaltig sei die Begegnung mit Sydneys Oberbürgermeister Frank Sartor gewesen. Wowereit: «Alle Metropolen haben offensichtlich dasselbe Problem: Sie üben riesige Anziehungskraft auf Menschen anderer Länder aus. Deren Integration scheint in Sydney optimal gelungen zu sein.»

Nach seiner Rückkehr will sich Wowereit persönlich um die Ankurbelung der kulturellen Zusammenarbeit mit Sydney kümmern. Auch um eine geeignete Berliner Partnerschule für die deutsche Schule in Sydney will er sich bemühen. Schwieriger gestaltet sich die wirtschaftliche Kooperation. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die in Sydney ein «Business-Frühstück» veranstaltet hatte, registrierte zwar «reges Interesse an den Investitionsmöglichkeiten in Berlin», aber konkrete Vertragsabschlüsse gab es erwartungsgemäß nicht.

Seinen politischen Gesprächen maß Wowereit «einen hohen Stellenwert, insbesondere im repräsentativen und emotionalen Bereich», bei: «Der Prozess der Wiedervereinigung zog sich wie ein roter Faden durch die Gespräche.» Auffällig war, dass Wowereit Tag für Tag besser in seine außenpolitische Rolle fand. Auf die Frage, ob er so viel Blut geleckt habe, dass er sich eine Zukunft in der Außenpolitik vorstellen könne, sagte Wowereit trocken: «Ich strebe nicht an, ein zweites Mal Bundesratspräsident zu werden. Denn dann müsste ich noch 16 Jahre als Regierender Bürgermeister durchhalten.»