Der Bundestagsabgeordnete Ernst Burgbacher wurde gerade von der SPD ausgebremst: Jahrelang kämpfte der tourismuspolitische Sprecher der FPD unermüdlich gegen die Versteuerung des Trinkgeldes. Jetzt schrieb sich die Konkurrenz den Erfolg auf die Fahnen. Ende des Jahres, so verkündete Finanzminister Hans Eichel (SPD) gerade, wird die Steuer abgeschafft. Kellner, Taxifahrer und andere Dienstleister mussten bisher alle Trinkgelder über 1224 Euro pro Jahr versteuern.
Ernst Burgbacher übt sich in Großzügigkeit: «Hauptsache, die Menschen freuen sich.» Und irgendwie sei es ja trotzdem auch sein Erfolg. Auch wenn es kaum jemand weiß und öffentlich niemand darüber redet. Ein kleiner Trost bleibt dem Mann aus Trossingen (Baden-Württemberg). Bestimmt hat er in Berlin mit seiner unermüdlichen Taktik viele Freunde im Dienstleistungsgewerbe gewonnen: Der FDP-Politiker verließ, und mochte es noch so spät sein, niemals eine Berliner Kneipe, ohne dem Personal ein gelb-blaues Kärtchen im Visitenkartenformat überreicht zu haben: «Wer nett serviert, wird abkassiert» stand vorwurfsvoll auf der Vorderseite. Und auf der Rückseite: «Erst freut man sich über ein schönes Trinkgeld - und was hat man dann davon? Das, was die Steuer davon übrig lässt.» Das war Politik hautnah. Jetzt kann sich Ernst Burgbacher mit seinem Kärtchen-Slogan trösten, der eigentlich die Kellner aufmuntern sollte: «Lächeln muss sich wieder lohnen.»
Und weil in der Politik der Schlachtruf «Neuer Tag, neues Glück» gilt, hat er natürlich schon neue Pläne. Der Bäcker aus seiner Heimatstadt war gerade auf Berlinbesuch und hat konstatiert, dass es hier kein gutes Brot gebe. Er erwägt deshalb, den Berliner Bäckern Konkurrenz zu machen. Die Unterstützung seines FDP-Bundestagsabgeordneten ist ihm sicher.
Burgbachers nächstes großes Projekt ist dem Kampf gegen das Fehlen touristischer Hinweisschilder auf Autobahnen gewidmet. Mit Schildern, die die Schönheit der Heimat anpreisen, sollen Touristen künftig davon abgehalten werden, ihr Urlaubsglück im Ausland zu suchen. Motto: Daheimbleiben muss sich wieder lohnen. silv