Karneval der Kulturen nennt sich das Spektakel, bei dem seit gestern Besucher aus vielen Ländern ihr ganz spezielles Lebensgefühl in die deutsche Hauptstadt tragen. Das Lexikon übersetzt Karneval mit «Maskentreiben». Amerika, Afrika, Asien, das alles hautnah kennen zu lernen, ist in der Multikulti-Metropole Berlin den meisten zum Glück ein Bedürfnis. Denn viele der Kulturen, die wir bei einem bunten Umzug als exotisch empfinden, leben längst völlig unmaskiert nebenan. Schade nur, dass beim Karneval der Kulturen die legendäre Berliner Vielfalt interessanter Subkulturen außen vor bleibt. Wie wärs, wenn sich nächstes Jahr auch die Neuköllner Punks und der Grunewalder Geldadel mit Formationen beteiligen würden. Die Mahrzahner Hochhäusler könnten ihren Wagen mit einem schmucken Plattenbau bestücken, die Vertreter der Agrikultur von der Domäne Dahlem Kulturpflanzen beisteuern. Und die Kreuzberger Ökos könnten Kultur gleich im Doppelpack transportieren: in sich und in ein paar Paletten leckeren Joghurts.