Das mit der Person des designierten CDU-Landesvorsitzenden Christoph Stölzl verknüpfte Vorhaben, der Berliner CDU durch personelle Erneuerung zum Aufbruch zu verhelfen, droht noch vor dem Wahlparteitag am 25. Mai zu scheitern. Innerparteilicher Gegenwind schlägt Stölzl ausgerechnet aus seinem Heimat-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf entgegen.
Nach Informationen der Berliner Morgenpost erwägt der bisherige Parteivize Stefan Schlede, sich nicht dem für die komplette Neuwahl der Parteispitze erforderlichen kollektiven Rücktritt des amtierenden CDU-Vorstandes anzuschließen. Auf Nachfrage sagte Schlede: «Ich erfülle alle Kriterien, die Stölzl an künftige Vorstandsmitglieder stellt. Ich besitze Fachkompetenz und die Fähigkeit zur politischen Auseinandersetzung. Daher sehe ich für einen Rücktritt keinen Anlass. Bisher ist mit mir kein Gespräch geführt worden, das mir einen pauschalen Rücktritt plausibel gemacht hätte.»
Schledes Standpunkt könnte im amtierenden Führungszirkel Schule machen, denn kaum einer der Stellvertreter oder Beisitzer dürfte sich selbst die fachliche Eignung für das Parteiamt absprechen. Die Mehrheit der CDU-Vorständler besteht jedenfalls darauf, dass bei einem kollektiven Rücktritt alle mitziehen und keiner ausschert. Sollte sich Schlede bis zum Parteitag weigern, sein Amt aufzugeben, wäre das für den Parteitag geplante Aufbruch-Szenario dahin. Denn als ersten Tagesordnungspunkt müssten die Delegierten über eine Abwahl von Schlede beraten. Die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit gilt keineswegs als gesichert.
Im schlimmsten Fall - also wenn sich neben Schlede auch die anderen Stellvertreter weigern, ihre Stühle zu räumen - würde am 25. Mai lediglich ein neuer Rumpfvorstand gewählt werden können: Landesvorsitzender, Generalsekretär, Schatzmeister und zwei von sieben Stellvertretern. Nur die von Klaus Landowsky und Dieter Hapel frei gemachten Vize-Posten könnten neu vergeben werden. Vertraute Stölzls bezeichnen dieses Szenario als «Albtraum, der die Erneuerung der Partei torpedieren» würde. Neben der Personalie Schlede droht aus dem traditionell streitlustigen CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf weiteres Ungemach, das bis auf den Landesparteitag durchschlagen könnte. In der vergangenen Woche sind die zuvor mühsam zugeschütteten Gräben zwischen den rivalisierenden Gruppierungen um Parteiroutinier Uwe Lehmann-Brauns auf der einen und dem früheren Dahlemer CDU-Ortschef Marcus Mierendorff auf der anderen Seite völlig unverhofft wieder aufgebrochen.
Beide Lager hatten im Vorfeld der Aufstellung des CDU-Bundestags-Direktkandidaten für den Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf einen Waffenstillstand bis zum Urnengang im September vereinbart und diesen an konkrete Bedingungen geknüpft. So trugen die Anhänger Mierendorffs die Bundestagsnominierung von Lehmann-Brauns nur unter der Maßgabe mit, dass im Gegenzug alle von Lehmann-Brauns-Sympathisanten angestrengte Parteigerichtsverfahren gegen Parteifreunde aus dem Kreisverband zurückgezogen werden. Unter anderem hatten Getreue von Lehmann-Brauns die Rechtmäßigkeit der Wahl des Kreisvorsitzenden Jean Angelov und die Wahl der Delegierten für den Landesparteitag angefochten. Beide Lager willigten letztlich in diesen Deal ein und ließen die Einigung aufgrund des extremen Misstrauens sogar von einem Notar offiziell besiegeln.
Diese Einigung ist jetzt Makulatur, weil vor einigen Tagen Anhänger von Lehmann-Brauns ihre Waffenstillstandszusage einseitig zurückzogen und auf eine Fortsetzung der Parteigerichtsverfahren drängen. Aus CDU-Kreisen verlautete, dass der dem Lehmann-Brauns-Lager zugerechnete Anwalt Torsten Hippe bereits angekündigt habe, die Ergebnisse des Landesparteitages anfechten zu wollen, da die Delegierten aus Steglitz-Zehlendorf satzungswidrig gewählt worden seien.
Vor dem designierten Parteichef Christoph Stölzl dürfte in den nächsten Tagen harte Überzeugungsarbeit liegen, um die «durchgeknallten Aggressoren», so werden die Quertreiber im Südwestkreis genannt, noch rechtzeitig vor dem Parteitag einzufangen.