Venezianisch Rudern in Berlin

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Für Wassersportler ist Berlin ein Paradies. Segler, Kanuten, Taucher, Schwimmer und Ruderer finden ihre Reviere.

Für Wassersportler ist Berlin ein Paradies. Segler, Kanuten, Taucher, Schwimmer und Ruderer finden ihre Reviere. Ab 2008 bekommen die Freizeitkapitäne und Sportler nun Verstärkung: Der erste deutsche Verein für Venezianisch Rudern hat sich gegründet. Die bisher acht Mitglieder sind mit ihrem Spezialboot vom Typ "Sandolo Scioppon" auf den Berliner Gewässern unterwegs. Die 44-jährige Sozialarbeiterin Sabine Jörke bildet mit dem Musiker Joachim Recht die Vereinsspitze.

"Die Idee zu diesem Sport kam uns natürlich in Venedig", berichtet Jörke. "Rudern ist dort nicht nur eine extrem verbreitete Sportart, sondern wegen der Lage der Stadt jahrhundertelang in den Alltag integriert." Natürlich rudern auch Berliner und Brandenburger Bürger wie die Weltmeister. Allerdings weniger zur Alltagsbeschäftigung und auch nicht vorwärts. "Die Besonderheit bei unserem Stil ist das Stehen. Der oder die Ruderer halten sich im Boot aufrecht und schieben es", erklärt Recht. Das erfordere Geschick und Übung. Gut sei der Ruderstil auch für die Körperhaltung. Gelernt haben die Berliner das Rudern im venezianischen Stil bei einem Profi: Lino Farnea. Der Venezianer ist Mitglied der renommierten "Scuola Navale Militare F.Morosini", des Instituts zur Ausbildung der italienischen Militärmarine, an der man den Sport gern weitergibt, damit er erhalten bleibt. Denn trotz aller Ruderbegeisterung drücken die Venezianer Nachwuchssorgen. "Dabei gibt es dort auf jeder Insel Clubs, die regelmäßig zu Ruderregatten und Ausfahrten unterwegs sind", sagt Jörke.

Insgesamt sind die Berliner bereits seit sieben Jahren regelmäßig in Venedig zu Gast. Sie lernten nicht nur die venezianische Ruderszene kennen, die wiederum fast 300 verschiedene Schiffstypen, darunter die typischen Gondeln nutzt. Sie machten sich auch mit Holzarten sowie den passenden Forcole - Rudergabeln - vertraut. Dieses geweihähnliche Holzstück ist quasi das Rückgrat eines jeden Bootes. Seine kunstvoll geschnitzten Wölbungen und Kerben stützten das Ruder und ermöglichen so die Manöver.

Auch die Boote sind Unikate. Pro Stück kosten sie ab 12 000 Euro, Ruder und Gabeln nicht mitgerechnet. Die Berliner haben ihr Boot in Venedig entdeckt und nach Deutschland bringen lassen. Demnächst soll ein zweites folgen, bald sollen auch Einführungslehrgänge angeboten werden.

Ihre internationale Feuertaufe bestehen die "Venezianer", die ihren Verein "Voga Fortuna Berlin" tauften, Ende Mai. Dann sind sie Gäste der "Festa delle Forcolo d'Oro" in Padua und werden dort auf Gleichgesinnte aus Wien, Oxford, Paris und New York treffen, mit denen ein europäischer Verband gegründet werden soll. Gegenseitige Besuche sind bereits geplant. Zur Freude der Berliner. Denn nach Jörkes Worten "rudert keiner so elegant wie wir übern Wannsee". ddp