Berlin. Es ist ein Tag, der mit Spannung erwartet wurde. Bund und Länder suchen schon seit geraumer Zeit nach Wegen, wie eine Lockerung der aktuell geltenden Corona-Beschränkungen aussehen kann. Die Bundesregierung und die Länder haben sich am Mittwoch auf gemeinsame Ziele verständigt. So sollen mittelfristig die strengen Regelungen für Schulen und Läden aufgeweicht werden. Doch bis Anfang Mai dürfte für die Bürger erstmal alles bleiben, wie es derzeit ist.
Kontaktbeschränkungen
Die Menschen in Deutschland müssen sich für weitere Wochen auf strenge Kontaktbeschränkungen einstellen. Die wichtigste Maßnahme auch in der nächsten Zeit bleibt, Abstand zu halten, teilen Bund und Länder mit. Beide sprechen sich dafür aus, das Distanzgebot bis mindestens 3. Mai beizubehalten.
Treffen mit mehr als einer Person außerhalb der Kernfamilie sind damit nicht gestattet, ebenso wenig Veranstaltungen, Versammlungen und Partys. Auch Besuchsbeschränkungen für Kliniken und Pflegeheime bleiben. Auf Privatreisen und Besuche von Verwandten sollen die Bürger verzichten. Die weltweite Reisewarnung der Bundesregierung bleibt in Kraft.
Schulen
Der allgemeine Schulbetrieb soll am 4. Mai wieder aufgenommen werden, beginnend mit den Klassen, die im kommenden Jahr Prüfungen ablegen, und den obersten Grundschulklassen. Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen für Schüler, die jetzt vor dem Abschluss stehen, sind in den Schulen aber auch vor Anfang Mai schon unter strengen Auflagen möglich.
Mehrere Bundesländer wollen davon Gebrauch machen. Auch nach hinten darf abgewichen werden: So will Bayern erst am 11. Mai die Schulen wieder schrittweise öffnen.
Die Kultusministerkonferenz soll bis Ende April ein Konzept zu besonderen Schutzmaßnahmen an den Bildungseinrichtungen vorlegen. „Jede Schule braucht einen Hygieneplan“, heißt es. Berücksichtigt werden solle dabei auch der Schulverkehr, das Geschehen in den Hofpausen sowie die Größe der Lerngruppen. Die Maßnahmen seien „ausgewogen und verantwortungsbewusst“, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans unserer Redaktion. Lesen Sie mehr: Schulbetrieb soll ab 4. Mai starten
Kitas
Eine schrittweise Öffnung wie bei den Schulen ist nicht geplant. Dafür soll die aktuelle Notbetreuung für bestimmte Berufsgruppen ausgeweitet werden. Die Bundeselternvertretung der Kitas verlangt klare Regeln für diese Ausweitung: „Hierfür muss es nachvollziehbare Konzepte und Kriterien geben“, sagte Bundessprecherin Ulrike Grosse-Röthig unserer Redaktion.
Einzelhandel
Hier soll es ein Stufenmodell geben. Kfz- und Fahrradhandel, der Buch- und Möbelhandel sowie Telekommunikationsunternehmen könnten demnach wieder geöffnet werden. So sollen Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern ab Montag wieder öffnen dürfen.
Es soll aber Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen geben. Ab 4. Mai sollen auch Friseurläden wieder öffnen, jedoch ebenfalls nur mit Hygienebestimmungen und Schutzmaßnahmen.
Wirtschaft
Aktivitäten mit erheblichem Publikumsverkehr bleiben untersagt. Die Betriebe sind weiter aufgefordert, Heimarbeit zu ermöglichen. Firmen, die wegen fehlender Komponenten nicht mehr fertigen können, will die Politik bei Herstellung und Lieferung von Zulieferteilen unterstützen.
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) kritisiert die Maßnahmen. „Unter dem Gesichtspunkt des Erhalts von Betrieben und Arbeitsplätzen“ seien die Lockerungen zu zaghaft, sagte Mittelstandspräsident Mario Ohoven unserer Redaktion.
Der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung, dagegen begrüßte die „behutsamen Lockerungen. „Die Menschen dürfen nicht überfordert werden, aber sie sind bereit, für den Gesundheitsschutz viel Disziplin zu üben“, sagte Jung.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie: „Es muss viel mehr Testverfahren geben mit denen möglichst in wenigen Stunden nicht nur der Infizierte, sondern auch seine Kontaktpersonen erfasst und getestet werden können“, sagte Landsberg.
Grenzkontrollen
Die vor einem Monat eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen sollen für weitere 20 Tage gelten. Momentan werden die Grenzen zu Österreich, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz überwacht. An den Übergängen nach Belgien und in die Niederlande wird hingegen nicht kontrolliert.
Allerdings wurde auch in diesen Abschnitten die Überwachung im 30-Kilometer-Grenzraum intensiviert. Menschen, die weder deutsche Staatsbürger noch dauerhaft hier ansässig sind, dürfen seit Mitte März nur noch aus einem „triftigen Reisegrund“ nach Deutschland kommen. Das betrifft etwa EU-Bürger, die durch Deutschland in ihr Heimatland reisen oder Lastwagenfahrer, die wichtige Güter liefern.
Sonderregeln für Pendler sollen weiter gelten. Grundsätzlich sind Einreisen aus Drittstaaten in die EU nur noch in ausgewählten Fällen zulässig. Seit 10. April müssen sich – abgesehen von wenigen Ausnahmen – alle Rückkehrer nach einem mehrtägigen Auslandsaufenthalt für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben.
Kultur, Zoos und Fußball
Museen, Zoos und botanische Gärten sollen wieder öffnen. Besucher müssen aber Abstand halten. Theatervorstellungen und Konzerte sollen hingegen untersagt bleiben. Sämtliche Großveranstaltungen sind bis 31. August untersagt. Ob im Profi-Fußball Partien ohne Publikum möglich sein werden, ist noch offen.
Gastronomie
Strittig zwischen Bund und Ländern bleibt vorerst die Frage, ob und wann Restaurants wieder öffnen dürfen. Der Bund will noch keine Öffnung, die Länder plädieren für eine „zeitnahe Perspektive mit Auflagen wie im Einzelhandel“. Dies würde etwa bedeuten, dass es zwischen den Tischen einen Mindestabstand geben muss, um Ansteckungen zu verhindern.
Angela Merkel sagte am Mittwoch nach der Schaltkonferenz mit den Regierungschefs der Länder, es gelte weiterhin, dass man außerhalb des eigenen Haushaltes nur mit einer Person zusammentreffen dürfe. In Gaststätten seien solche Beschränkungen oder Mindestabstände zu anderen Personen überhaupt nicht zu kontrollieren.
Man müsse jetzt zuerst einmal schauen, wie sich die jetzt beschlossenen zurückhaltenden Schritte auswirkten, argumentierte die Kanzlerin. Das sei erst in 14 Tagen, drei Wochen zu sehen. Danach müsse man über weitere Schritte nachdenken.

Maskenpflicht
Eine generelle Verpflichtung zum Tragen von Mund- und Nasenschutz in der Öffentlichkeit soll es nach dem gemeinsamen Beschluss nicht geben. Allerdings werden Gesichtsmasken als Schutz vor der Weitergabe des Coronavirus dringend empfohlen. Insbesondere bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sowie beim Einkaufen sei das Tragen einer Maske dringend anzuraten. Lesen Sie auch: Bund und Länder empfehlen Masken – Das muss man wissen
Gottesdienste
Versammlungen in Kirchen, Moscheen und Synagogen bleiben untersagt. Wegen der Ansteckungsgefahr bei Gottesdiensten sei es „weiter dringend geboten, sich auf Vermittlung von religiösen Inhalten auf medialem Weg zu beschränken“. Das Bundesinnenministerium hat hierzu entsprechende Gespräche mit Vertretern der verschiedenen Religionsgemeinschaften angekündigt.
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