Vor knapp vier Wochen stimmte der Bundestag mit breiter Mehrheit für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms. Nun soll die Schlagkraft weiter erhöht werden. Angela Merkel ringt deshalb erneut um die Zustimmung in der Koalition. Doch die Opposition signalisiert noch keine klare Position und die Euro-Abweichler wollen bei ihrem Nein bleiben.

Die neue Bundestagsabstimmung über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms könnte zur Zitterpartie für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werden. Mehrere Kritiker in der Unionsfraktion haben angekündigt, bei der Entscheidung an diesem Mittwoch gegen den geplanten Kredithebel für den Rettungsfonds zu stimmen. SPD und Grüne haben sich noch nicht festgelegt, ob sie den Plan unterstützen. Die Sozialdemokraten pochen darauf, dass Merkel in jedem Fall eine Kanzlermehrheit erreichen müsse.

Die Bundestagsfraktionen beraten am Nachmittag in Berlin über die geplante Erweiterung. Merkel will sich am Mittwoch mit der Abstimmung im Bundestag ein klares Mandat für die entscheidenden Verhandlungen in Brüssel holen, bei denen der EFSF mit einer höheren Schlagkraft ausgestattet werden soll.

Erneutes Nein

Die CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach und Klaus-Peter Willsch kündigten an, im Bundestag erneut mit Nein zu stimmen. „Die Bedenken der Kritiker sind nicht ausgeräumt, sondern haben sich eher bestätigt“, sagte Bosbach der Nachrichtenagentur dpa. Willsch fürchtet, dass durch den geplanten EFSF-Hebelmechanismus das Risiko von Zahlungsausfällen gewaltig steigen werde. Damit würde sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Deutschland mit seiner Haftungssumme von 211 Milliarden Euro tatsächlich einspringen müsste, sagte er.

Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, geht trotzdem davon aus, dass die Regierungskoalition die Abstimmung mit einer eigenen Mehrheit für sich entscheidet. „Ich habe keinen Zweifel, dass die Kanzlermehrheit zustande kommen wird“, sagte Flosbach „Handelsblatt Online“.

Bei der ersten Abstimmung über die Ausweitung des Rettungsschirms am 29. September hatten Union und FDP zusammen 315 Ja-Stimmen und damit klar die Kanzlermehrheit erreicht. Schwarz-Gelb hat im Bundestag 330 Sitze, die Opposition 290. Insgesamt gehören 620 Abgeordnete dem Parlament an, die Kanzlermehrheit liegt damit bei 311 Stimmen. Um diese Mehrheit zu erreichen, dürfen maximal 19 Abgeordnete von CDU/CSU und FDP gegen den Gesetzentwurf stimmen.

Der CSU-Abgeordnete Herbert Frankenhauser wartet vor der Abstimmung zunächst auf eine angemessene Entscheidungsgrundlage. Bislang habe er noch keine Unterlagen über die möglichen Mechanismen des EFSF erhalten, sagte er der dpa. Er gehe davon aus, dass die am Dienstagnachmittag bei der Unions-Fraktionssitzung verteilt und am frühen Abend im Haushaltsausschuss diskutiert werden. Erst dann wolle er seine endgültige Entscheidung treffen. Klar sei für ihn aber: „Mit dem Hebel werde ich nicht zustimmen.“

Über EFSF-Ausgestaltung wird am Mittwoch allerdings nur allgemein entschieden

Über die umstrittene Ausgestaltung des Euro-Rettungsfonds EFSF wird in Berlin und Brüssel am Mittwoch zunächst allerdings nur in allgemeiner Form entschieden. „Wir haben die Grundlinien auf dem Tisch und darüber wird abgestimmt“, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Die „Guide Lines“ (Leitlinien) mit den Details der Ausgestaltung lägen noch nicht vor, somit werde zunächst nur über einen allgemeinen Text zu den Möglichkeiten der Maximierung der EFSF-Mittel abgestimmt. Auch der EU-Gipfel am Mittwoch in Brüssel werde nur über die Prinzipien entscheiden, fügte Altmaier hinzu.

Zu den Möglichkeiten der Effizienzsteigerung gehören nach Altmaiers Worten die sogenannte Versicherungslösung, bei der der EFSF Garantien für einen Teil von Staatsanleihen übernimmt, die private Investoren kaufen sollen. Es werde keine unbegrenzte Ausweitung des Kreditvolumens geben, auch die so genannte EZB-Lösung kommen nicht in Frage, sagte der CDU-Politiker. Dabei würde der Fonds Zugriff auf Mittel der Zentralbank erhalten. Dies käme einem Anwerfen der „Gelddruckmaschine“ gleich und sei mit der deutschen Stabilitätskultur nicht vereinbar, sagte Altmaier. Im übrigen gebe es dafür auch keine Mehrheit unter den Parteien im Bundestag.

Zu den offenen Fragen der Ausgestaltung der Versicherungslösung gehört nach Angaben Altmaiers, ob der EFSF bei der Übernahme von Garantien etwa für die ersten oder die letzten 20 Prozent einer Staatsanleihe einsteht. Über die genaue Ausgestaltung solle – wenn sie vorliegt – nur der Haushaltsausschuss entscheiden, nicht das Plenum des Parlaments. Für die Abstimmung am Mittwoch rechnet Altmaier nach eigenen Worten mit einer eigenständigen Mehrheit von Union und FDP.

FDP-Generalsekretär nennt Euro-Rettungs-Instrumente akzeptabel

FDP-Generalsekretär Christian Lindner rechnet ebenfalls mit einer Mehrheit der Koalition bei der Abstimmung. „Die diskutierten Instrumente sind akzeptabel“, sagte Lindner am Dienstag. Es sei verhindert worden, dass die Europäische Zentralbank zu einer Gelddruckmaschine werde.

„Was jetzt als Fonds- beziehungsweise Versicherungslösungen diskutiert wird, hat ja den Charakter von Marktanreizprogrammen“, sagte der FDP-Generalsekretär. Der Haftungsrahmen von Deutschland von 211 Milliarden Euro bleibe unangetastet. „Deshalb rechne ich auch ganz fest mit einer eigenen Mehrheit“, sagte Lindner. Gleichwohl dürfe sich die Opposition nicht aus der Verantwortung stehlen.