Streit um Stuttgart 21

CDU droht grünem Minister mit Rücktrittsforderung

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Die Opposition wirft Verkehrsminister Hermann vor, er habe womöglich doch mehr gewusst, als er sage. Landeschef Kretschmann stärkt seinem Minister dagegen den Rücken.

Im Streit um die durchgesickerten Ergebnisse des Stresstests von Stuttgart 21 verhärten sich die Fronten. Die CDU-Fraktion hat Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mit einer Rücktrittsforderung gedroht. Die Opposition mutmaßt, dass Hermann den Bürgern über die ihm vorliegenden Informationen zum Stresstest die Unwahrheit gesagt habe. Dagegen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) seinem Minister den Rücken gestärkt. „Der Minister Winfried Hermann ist ein ehrenwerter Mann“, sagte Kretschmann.

Hermann hatte zum Stresstest gesagt, dass „ihm keinerlei überprüfbare Daten“ vorlägen.

Nach Ansicht der CDU gebe es zahlreiche Belege, dass der Minister in die Computersimulation für den geplanten Tiefbahnhof stets zeitnah eingeweiht gewesen sei, sagte Fraktionschef Peter Hauk. Nach den am Wochenende durchgesickerten Informationen hat das umstrittene Milliarden-Projekt den Stresstest bei eher geringen Mehrkosten von 40 Millionen Euro bestanden.

Die CDU-Fraktion betonte, wenn Hermann im Fall einer Täuschung nicht selbst die Konsequenz ziehe, werde sie die Entlassung des Ministers beantragen. Ein entsprechender Antrag könnte schon für die Landtagssitzung an diesem Donnerstag gestellt werden. Auch die FDP-Fraktion verlangte Aufklärung über die aus ihrer Sicht widersprüchlichen Aussagen Hermanns.

"Haltlose Vorwürfe"

Kretschmann nannte die Anschuldigungen, Hermann habe die Bürger über die Informationspolitik der Bahn getäuscht, „abwegig“. Er fügte hinzu: „Er wird nicht zurücktreten, weil das haltlose Vorwürfe sind“. Dem Minister hätten keine Originalunterlagen, sondern lediglich bewertende Trendaussagen über die Ergebnisse der Computersimulation für den geplanten Tiefbahnhof vorgelegen.

Die Schweizer Verkehrsberatungsfirma sma begutachtet derzeit den bahnintern durchgeführten Stresstest. Deshalb werde das Land die Ergebnisse nicht vor ihrer Begutachtung durch sma bewerten, erläuterte Kretschmann. „Das ist wichtig für die Glaubwürdigkeit des ganzen Verfahrens.“ Die Frage, ob der geplante Tiefbahnhof den Stresstest bestanden habe, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beantworten.

Ähnlich sieht der Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler die Lage. Für ihn ist der Ausgang des Stresstests weiter offen. „Die Bahn hat ja auch gar keine offizielle Erklärung über den Stresstest abgegeben“, sagte der ehemalige CDU-Generalsekretär m ZDF-Morgenmagazin.

Kretschmann kritisierte die Bahn, weil sie Trends und Wasserstandsmeldungen „durchgereicht“ habe. „Es ist schädlich, mit unausgegorenen Zwischenständen Stimmung zu machen.“ Das gefährde die Akzeptanz des gesamten Prozesses. Aus diesem Grund hatte das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 seine Teilnahme an der öffentlichen Präsentation der testierten Ergebnisse abgesagt.

Bundestag debattiert erneut über Stuttgart 21

Über einen Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf vorläufigen Stopp der Bauarbeiten an Stuttgart 21 gibt es noch keine Entscheidung. Den entsprechenden Antrag gegen das Eisenbahn-Bundesamt verwies das Stuttgarter Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim. Dieser sei für Planfeststellungsverfahren für öffentliche Eisenbahnen in erster Instanz zuständig, teilte das Gericht mit.

Der umstrittene Stresstest beschäftigt nun auch den Bundestag. In einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Koalitionsfraktionen debattieren die Abgeordneten am Mittwoch erneut über das umstrittene Bahnprojekt.

( dpa/dapd/sam )