Pristina. Mit dem westlichen Appeasement muss Schluss sein, Serbien gehört sanktioniert. Nur so kann Kosovo geschützt werden – und nicht nur der.

Seit Monaten häufen sich Graffiti in Serbien. Auf ihnen zu lesen: „Wenn die Armee in den Kosovo zurückkehrt“. Auch die Kriegsrhetorik wurde immer lauter. Medien, die vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić kontrolliert werden, und der Präsident selbst behaupteten fortwährend, die Regierung des kosovarischen Premiers Kurti wolle Serben vertreiben und führe Pogrome durch.

Die Hassreden sollen die Bevölkerung aufheizen. Vučić zog bereits im Vorjahr die Serben aus den kosovarischen Institutionen heraus. Das führte zu einem enormen Sicherheitsvakuum. Doch der Westen reagierte nicht. Vučić drohte mehrmals damit, serbische Sicherheitskräfte in den Kosovo zu entsenden. Serbische Truppen und eine serbische MIG-29 kamen immer wieder bis dicht an die Grenze. Doch der Westen reagierte nicht.

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Westen trägt Mitschuld an Eskalation auf dem Balkan

Anstatt die permanenten Provokationen, Drohungen, Eskalationsschritte, Einschüchterungsversuche, Boykotte und die Lügen aus Serbien zu verurteilen, führte die Europäische Union Sanktionen gegen Kosovo ein. Und der US-Botschafter in Belgrad, Christopher Hill, bezeichnete Vučić sogar als einen „guten Partner“. Die westlichen Diplomaten tragen wegen all dieser Beschwichtigungen gegenüber Serbien eine Mitschuld an der Eskalation auf dem Balkan.

Ádelheid Wölfl ist Korrespondentin der FUNKE Zentralredaktion für den Balkan.
Ádelheid Wölfl ist Korrespondentin der FUNKE Zentralredaktion für den Balkan. © privat

Es braucht dringend eine Kehrtwende, wenn man nicht riskieren will, dass die Situation noch gefährlicher wird. Die EU sollte sofort die Beitrittsverhandlungen mit Serbien abbrechen, Sanktionen einführen, die Geldmittel für das Land einfrieren und die Sanktionen gegen Kosovo aufheben. Wahrscheinlich ist das nicht, denn auch die EU ist von Kreml-freundlichen, autokratischen Akteuren wie etwa Ungarn unterlaufen, das schützend seine Hand über Freund Vučić hält.

Auch der Dialog zwischen Serbien und Kosovo braucht einen Neustart. Doch der EU-Vermittler Miroslav Lajcak ist diskreditiert und hat das Vertrauen der Kosovaren verloren, weil er zuletzt ein serbisches Papier als EU-Papier vorlegte und ganz offensichtlich parteilich für Serbien agiert hatte. Allein deshalb sollte Lajcak dringend ausgetauscht werden.

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Vučić will auf dem Balkan ein „Großserbien“ errichten

Zudem sollte die EU damit aufhören, in ihrer Rhetorik „beide Seiten“ für die Situation verantwortlich zu machen. Die Provokationen gehen von Serbien aus. Es waren serbische Milizen, die vergangene Woche im Kosovo einen Terroranschlag verübten. Und es waren serbische Kriminelle, die Ende Mai die Kfor-Friedenstruppe angriffen und 30 Nato-Soldaten verletzen.

Der serbischen Regierung geht es um den alten Plan, ein „Großserbien“ zu errichten, also die Grenzen auf dem Balkan nach ethnischen Kriterien zu verschieben. Deshalb will Serbien den Norden Kosovos. Und deshalb ist auch Bosnien-Herzegowina permanent in Gefahr. Wenn man beide Länder vor einer Aggression schützen will, wäre es am effektivsten, wenn einer der fünf Nicht-Anerkenner-Staaten in der EU – Rumänien, Griechenland, Zypern, die Slowakei und Spanien – den Kosovo schnell als Staat anerkennen würde.