Berlin. Die Bundesministerien stocken seit Jahren ihr Personal auf und brauchen deshalb mehr Platz. Im Berliner Regierungsviertel sind deshalb einige Neubauvorhaben in Planung oder schon im Gange. Zuletzt gab es aber Zoff zwischen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Bundeskanzler. Denn der FDP-Politiker will Olaf Scholz (SPD) die Erweiterung des Kanzleramts verbieten.
Der Bau soll etwa 777 Millionen Euro kosten. Jetzt verteidigt das Kanzleramt die Pläne: „Der Bedarf für einen Neubau besteht unverändert“, sagte eine Regierungssprecherin unserer Redaktion. Fraglich ist, ob es überhaupt noch möglich ist, das Bauprojekt zu stoppen.
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Denn laut der Regierungssprecherin wäre ein verlustfreier Projektstopp „zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich“. Heißt also: Man könnte den Kanzleramts-Anbau stoppen, aber Geld würde es die Steuerzahler trotzdem kosten. Warum? „Wesentliche Objekt-, Fachplanungs-, Beratungs- und Sachverständigenleistungen sowie Leistungen für vorgezogene Maßnahmen sind bereits beauftragt worden oder werden bereits durchgeführt“, sagte die Regierungssprecherin unserer Redaktion.
Eine Kündigung zum jetzigen Zeitpunkt würde demnach über 100 Millionen Euro kosten. Bei einer Verschiebung des Baues würden auf Grund von Baupreissteigerungen zusätzliche Kosten von 40 bis 50 Millionen Euro pro Jahr anfallen, rechnet die Sprecherin vor. Genau deshalb sei „ein Stopp des Projektes oder eine Umplanung nicht vorgesehen“.
Auch Lindner will sein Ministerium vergrößern
Am Donnerstag wurde außerdem bekannt, dass Lindner selbst teure Neubauten plant. Das berichtete der Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, Florian Toncar, im Haushaltsauschuss des Bundestages. Dort sprach Lindners Mitarbeiter über zwei große Bauvorhaben des Bundesfinanzministeriums (BMF). Eines der Vorhaben ist mit dem Erweiterungsbau am Kanzleramt vergleichbar. Direkt gegenüber des Finanzministeriums soll für rund 500 Millionen Euro ein Neubau mit 910 Büroarbeitsplätzen entstehen.
Auf seiner Internetseite schreibt das BMF, in Berlins Mitte entstehe ein „modernes Verwaltungsgebäude, das den Energieeffizienzstandard Bund 40 erfüllt und die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung unterstreicht“. Der Erweiterungsbau diene dazu, die Beschäftigten des Finanzministeriums zentral unterzubringen. Bislang seien sie auf sechs weitere Standorten in der Hauptstadt verteilt.
Alle Bauvorhaben auf dem Prüfstand
Hintergrund des Gerangels zwischen Finanzminister und Bundeskanzler ist, dass sich die Ampel-Koalition nicht über den Haushalt des kommenden Jahres einig wird. Die Fachminister haben Zusatzwünsche von rund 70 Milliarden Euro angemeldet, für die der Finanzminister keinen Spielraum sieht, wenn die Schuldenbremse eingehalten und auf Steuererhöhungen verzichtet wird.
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Das Kanzleramt will den Neubau bis 2028 fertigstellen. Lindner selbst hatte das Geld für den Erweiterungsbau im September 2022 im Haushaltsplan eingestellt. Eine Sprecherin des Finanzministers versuchte in der Regierungspressekonferenz zu schlichten: Alle Bauvorhaben müssten mit Blick auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Dies umfasse natürlich auch die Baupläne des Finanzministeriums.
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