Kommentar

Ermittlungen gegen Lindner: Der Finanzminister auf Abwegen

Thorsten Knuf
Staatsanwaltschaft prüft offenbar Vorteilsnahme durch Lindner

Staatsanwaltschaft prüft offenbar Vorteilsnahme durch Lindner

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft laut einem Bericht des Berliner "Tagesspiegel" eine mögliche Vorteilsnahme durch FDP-Chef Christian Lindner in Verbindung mit einem Immobilienkredit. Lindner wies die Vorwürfe zurück.

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Finanzminister Lindner hat sich ohne Not dem Verdacht ausgesetzt, Privates und Dienstliches nicht trennen zu können. Ein Kommentar.

Berlin. Bundesfinanzminister Christian Lindner ist erst 44 Jahre alt, aber im Politikbetrieb schon ein alter Hase. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist er Abgeordneter, seit fast zehn Jahren ist er FDP-Chef, er war Generalsekretär und Fraktionsvorsitzender. Einer wie er müsste eigentlich wissen, was sich gehört und was öffentlich vermittelbar ist.

Doch nun das: Die Berliner Justiz prüft die Aufhebung von Lindners parlamentarischer Immunität. Ihm droht ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme. Es geht um eine private Immobilienfinanzierung Lindners – bei einer Bank, für die er als Minister ein Grußwort hielt. Der FDP-Chef unterhält gute Beziehungen zu dem Institut. Vor seinem Eintritt ins Bundeskabinett war er in einem Werbefilm für die Bank aufgetreten, er soll dort auch bezahlte Vorträge gehalten haben. Lindner weist die Vorwürfe zurück.

Lindner ist das politische Sensorium abhandengekommen

Bisher ist offen, was die Prüfung des Sachverhalts durch die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ergibt. Es kann sein, dass sich die ganze Sache juristisch schnell in Luft auflöst. Es kann aber auch sein, dass die Justiz einen Schritt weiter geht und tatsächlich die Aufhebung der Immunität Lindners beantragt, um ermitteln zu können.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, wie einer erfahrenen Kraft wie Christian Lindner in dieser Angelegenheit dermaßen das politische Sensorium abhandenkommen konnte. Politiker, die sich von Unternehmen einspannen lassen, zu denen sie als Privatmenschen Geschäftsbeziehungen unterhalten, bringen sich selbst in Erklärungsnot. Und schaden im schlimmsten Fall auch dem Ansehen ihres Amtes. All das hätte Lindner vorher wissen können und müssen.